Globale Perspektiven

Yinka Shonibare CBE sieht sich in der Rolle eines "postkolonialen Hybriden"

No. 02/2021

Mit beißender Ironie und spielerischer Lust an der Parodie entlarvt Yinka Shonibare CBE, der zu den bedeutendsten Künstlern Großbritanniens zählt, die Dekadenz und Überheblichkeit der „feinen Leute“ – das Erbe des ehemaligen Britischen Weltreichs und des westlichen Kolonialismus.

Yinka Shonibare CBE, Diary of a Victorian Dandy: 19.00 hours (Detail), 1998, Stephen Friedman Gallery, London © Yinka Shonibare CBE, Courtesy der Künstler, Stephen Friedman Gallery, London und James Cohan Gallery, New York

Für seine mittlerweile ikonisch gewordenen Arbeiten Diary of a Victorian Dandy schlüpft der britisch-nigerianische Multimediakünstler Yinka Shonibare CBE selbst in die Rolle des viktorianischen Dandys und stellt in fünf Tableaux vivants dessen gängigen Tagesablauf und Vergnügungen dar. Dabei kehrt Shonibare in der Fotoserie, die 1998 in der London Underground plakatiert wurde, die damals übliche „Hierarchie der Hautfarbe“ um: Als einziger Schwarzer unter lauter Weißen ist er der uneingeschränkte und gefeierte Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens mit all seiner Absurdität und Frivolität. Bevorzugt inszeniert Shonibare in seinen Werken Episoden aus der europäischen Kunst und Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts und führt dem Betrachter die mitunter bizarren Verhaltensweisen der westlichen Oberschicht in der Kolonialzeit vor Augen, deren Rassismus und Unterdrückung bis in die Gegenwart spürbar sind.

Berühmt geworden ist der 1962 in London geborene und in Lagos, Nigeria, aufgewachsene Künstler vor allem mit seinen raumgreifenden Installationen. Die lebensgroßen Figuren in historisch anmutenden farbenfrohen Kostümen entwarf er entweder ohne Kopf oder mit einem Globus an dessen Stelle. Besonders diese Arbeiten weisen darauf hin, wie politisch Shonibares Kunst ist, ohne moralisierend zu wirken. Die Globen-Köpfe dienen ihm als Symbol für seine globale künstlerische Perspektive und als Gegenentwurf zu den eurozentrischen Geschichts- und Kulturauffassungen. Eines dieser Werke, End of Empire, ist titelgebend für die große Retrospektive im Museum der Moderne Salzburg. Der Katalog zur Ausstellung Yinka Shonibare CBE, End of Empire dokumentiert auf 216 Seiten mit 137 Farbabbildungen und interessanten Texten Shonibares Werke aus drei Jahrzehnten künstlerischen Schaffens. cv

Cover für Yinka Shonibare CBEYinka Shonibare CBE
End of Empire
Bis 12. September 2021
Museum der Moderne Salzburg
Ausstellungskatalog
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 39,90