Geschichte(t)

No. 01/2021

„Rückwärtsmalerei“ nennt ­Bettina Hachmann die Art und Weise, wie sie ihre abstrakten, farbreduzierten und höchst sensiblen Werke angeht. Dabei verwendet sie Mixed Media, verschiedenste Materialien, Pigmente und Kreide, Marmormehl, Sand, Asche, Spachtelmasse, Stoffe für Collagen, Faserpapiere, Tusche und Lacke, die sie Schicht um Schicht aufträgt, zwischendurch zerstört, fragmentarisch stehen lässt, neu belebt oder gar aufbricht.

Eine Leinwand, auf die reliefartig eine gestaffelte Reihe unregelmäßig gefransten Seidenpapiers appliziert ist, eine diffuse Farbfläche mit einem Netz von Linien, die in ihrer Stärke auf- und abschwellen, oder ein Malgrund, der durch lineare Schnitte zerstört ist und einen weiteren Bildraum eröffnet – die Malerei von Bettina Hachmann (* 1967) ist ein Experimentierfeld, das zwei Komponenten offenbart, die zu ihr gehören: eine kraftvolle, starke Expression, aber auch ein heilender Moment, geprägt von einer Zartheit und Feinheit, die im künstlerischen Prozess gegeneinander schwingen, bis sie zu einer Balance finden.

Auftragen, wegnehmen, auftragen, wegnehmen, ist ein Pendeln zwischen „rückwärts“ und „vorwärts“, das die Künstlerin unter dem Gesichtspunkt der Reduktion bearbeitet: „Wie wenig braucht ein Bild, um trotzdem ein Bild zu sein?“ Durch „kratzen, mit den Fingern reinarbeiten oder nach draußen tragen und es mit dem Wasserschlauch abspülen entsteht eine Fläche, die gelebt aussieht und damit dem Betrachter auch etwas erzählen kann“. Die Vielschichtigkeit offenbart sich im Leben genauso wie in ihren Bildern, es ist ein Zusammenspiel von Materie und Emotion, das sich Layer to Layer (Schicht um Schicht), so der Titel ihres Künstlerbuchs, entdecken lässt. „Ein Bild ist nicht nur ein Bild, sondern auch ein Geheimnis“, sagt die Künstlerin. af

Bettina Hachmann
Layer by Layer
Katrin Boskam-Priever, Dieter Ronte, Elmar Zorn
Text: Deutsch / Englisch
160 Seiten, 90 Farbabbildungen
Hirmer Verlag € 34,90