Flammendes Glas

No. 04/2020

Glasmalerei von spektakulärer Leuchtkraft verbinden die meisten Kunstfreunde mit gotischen Kathedralen wie Chartres oder Paris, Freiburg oder Regensburg. Doch auch im 21. Jahrhundert entstehen prachtvolle Kirchenfenster nach Entwürfen der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler wie Gerhard Richter im Kölner Dom, Neo Rauch im Naumburger Dom und Markus Lüpertz in St. Andreas in Köln.

Ein absoluter Höhepunkt der modernen Glasmalerei nach Größe und Anspruch ist der neue 360 Quadratmeter große Fensterzyklus des renommierten Dresdner Künstlers Max Uhlig (*1937) in der gotischen St. Johanniskirche in Magdeburg. Das Gotteshaus wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, die Ruine ab 1991 wiederaufgebaut. Heute dient das Bauwerk als Konzertsaal.

Uhligs Zyklus von jeweils ca. 12 Meter hohen Fenstern entstand ab 2009 und wurde am 16. September 2020 feierlich eingeweiht. Die Motive stellen Vegetation und Landschaft in stark abstrahierter Form dar. Die sieben streng schwarz-weiß gehaltenen Fenster des Chores kontrastieren mit den sechs farbintensiven, feurig flammenden Fenstern der Südseite, die in den Hauptfarben Rot, Gelb und Orange gehalten sind. Auf den Chorfenstern ranken Weinstöcke in die Höhe – Wein als Symbol für Christi Blut ist ein zentrales Sinnbild des Christentums. Er kann aber zugleich im weltlichen Sinne für den Überlebenswillen der Magdeburger stehen. In jedem Fall macht der Fensterzyklus aus der profanierten Stadtpfarrkirche ein dauerhaftes Kunstereignis von überregionaler Bedeutung, das Besucher in die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt locken wird. Der opulent ausgestattete Begleitband mit umfassendem Bildteil ist sehr zu empfehlen, zeigt er doch farbenprächtige Details, die im Original teils kaum zu erkennen sind. wr

Max Uhlig. Die Fenster der Johanniskirche
Hg.Annegret Laabs für das Kuratorium zum Wiederaufbau der Johanniskirche zu Magdeburg
152 Seiten, 100 Abbildungen in Farbe
Text: Deutsch/Englisch
Premiumausgabe:
6-seitige Ausklapptafel
Hirmer Verlag € 29,90