Experimente nach der Oktoberrevolution

Die Höhenflüge Alexander Rodtschenkos

No. 02/2013

Er war in allen Disziplinen der Kunst zu Hause, malte mit Pinsel und Palette, konstruierte mit Lineal und Zirkel, fotografierte, collagierte und schuf Skulpturen im dreidimensionalen Raum.

Alexander Rodtschenko, der Tausendsassa, war nach der Oktoberrevolution 1917 die treibende Kraft der russischen Avantgarde, erfand eine neue Bildsprache und revolutionierte die Plakatkunst: als Maler, Fotograf, Schriftenerfinder, Verpackungsgestalter, Collagist, Weltverbesserer, Vordenker, Formenfinder, Lehrer, Schreibender – wie er sich selbst verstand –, gilt er heute als Vorreiter der Typografie und des Werbedesigns.

„Ich aber will Frühling, Freiheit und Kunst“

Nach Jahren künstlerischen Schaffens fanden seine Karriere und sein Traum, Kunst für den Alltag zu schaffen, die Gesellschaft zu verändern und ein „Labor der Kunst“ einzurichten, 1930 ein abruptes Ende. In Folge eines gesellschaftlichen Umbruchs in der Sowjetunion, der moderne Bestrebungen verhinderte, durfte er öffentlich nicht mehr wirken. Am 29. Oktober 1941 resümierte er in seinem Tagebuch: „Interessanterweise mussten die Kunst und ich immerzu auf irgendetwas warten, immer war es noch ,nicht die Zeit‘, mal wartete ich, dass der Krieg zu Ende ging, mal fanden Umbauten statt.“ Die Ausstellung Rodtschenko. Eine neue Zeit im Bucerius Kunst Forum widmet sich den Jahren nach der Oktoberrevolution. 145 Exponate, darunter gemalte Bilder und im Raum schwebende Konstrukte, Fotografien und Collagen aus Moskauer Sammlungen, der Tretjakow-Galerie und der Sepherot Foundation sowie aus internationalen Sammlungen geben einen spannenden Eindruck in sein OEuvre und die Jahre seiner Höhenflüge, die Rodtschenko rückblickend mit den Worten beschrieb: „Er flog geradezu durch die Lüfte.“ af

Rodtschenko.Eine neue Zeit 
Bis 15. September 2013 im Bucerius Kunst Forum, Hamburg 
Katalog zur Ausstellung hrsg. von O. Westheider und M. Philipp 
Hirmer Verlag € 45,–