Die Postmoderne

Der Beginn unserer Gegenwart

No. 03/2023

Die Bundeskunsthalle – oder wie sie offiziell heißt – die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland ergründet in ihrer Jubiläumsausstellung die Postmoderne von 1967 bis 1992 und stellt dazu grundlegende Fragen wie: Ist sie am Ende, oder leben wir mehr denn je mittendrin? Gab es sie überhaupt? Und wenn ja, prägt sie einen Stil, ein politisches Programm oder ist sie gar eine Epoche? Was sich nach schwerer Kost anhört, wird in der Schau mit großer Lust und spielerischer Neugier zelebriert, was sich auch im Katalog widerspiegelt.

David Hockney, Kerby (nach Hogarth) Nützliches Wissen, Museum of Modern Art (MOMA), New York © David Hockney, Foto: Prudence Cuming Associates

Ein Grabstein ziert das Cover. Weist es darauf hin, dass wir die Postmoderne beerdigen sollen? Oder sie auferstehen lassen? Die Buchdesigner*innen haben sich nicht nur beim Buchdeckel intensiv mit den komplexen Inhalten des Themas befasst, sondern auch den gesamten Band mit einer immensen Gestaltungsfreude entwickelt: Alles scheint machbar, „alles auf einmal“ – so lautet auch der Titel der Ausstellung in Bonn.

Als die Moderne Ende der 1960er Jahre verabschiedet wurde, begann die Postmoderne. Über den genauen Zeitpunkt ist man sich nicht ganz einig. Für die einen markiert sie den Anfang der Informationsgesellschaft und das Interesse am Populären in der Kunst, für andere bricht hier das Zeitalter von Copy & Paste an und die „intellektuelle Mode, die den Zynismus gegenüber Wahrheit und Fakten salonfähig machte“, wie es der Philosoph Daniel Dennett beschrieb. In jedem Fall wurde die Postmoderne als Befreiung von einer Zeit gesehen, die glaubte, alles sortieren und regulieren zu können. Den Gestaltungsprinzipien in Design, Architektur, Kunst und Mode waren nun scheinbar keine Grenzen mehr gesetzt, Popkultur, Musik, Tanz und Film sowie Philosophie und Literatur wandten sich einer exzentrischen, unorthodoxen Welt der Selbstverwirklichung zu. Alles erschien möglich in einer Zeit zwischen Mondlandung und Minitel-Computer, zwischen Dauerwelle und Kulturkapitalismus, Barbarella und Diamond Dust Shoes. Inwieweit die Postmoderne bis heute auf uns wirkt und der Gegenwart einen Zerrspiegel vorhält, in dem sich unsere aktuellen Konflikte wie Rechtspopulismus bereits damals abzeichneten, ist eines der Themen, die in der sehr sehenswerten Ausstellung und dem Katalog, dem potenziellen Standardwerk zur Postmoderne, verhandelt werden. cv

Alles auf einmal
Die Postmoderne 1967–1992
Bis 28. Januar 2024
Bundeskunsthalle Bonn

Katalog zur Ausstellung
Deutsch- und englischsprachige Ausgabe
Hirmer Verlag € 49,90