Die Hölle im Kopf

Visionen und Albträume eines Teufelsmachers

No. 02/2016

Seine Bilder waren begehrt, seine Szenen überraschend. Kein Künstler zu Beginn der Neuzeit verstand es wie Hieronymus Bosch, Panoramen von Himmel und Hölle zu malen und die Figuren mit Witz und Doppeldeutigkeit aufzuladen. Anlässlich seines 500. Todestags zeigt das Bucerius Kunst Forum anhand von rund 90 Druckgrafiken, wie der Erfolgskünstler das neue Massenmedium für sich entschied und mit seiner Bildsprache ein ganzes Jahrhundert prägte.

Philips Galle, Kopf eines Narren, um 1560

Philips Galle, Kopf eines Narren, um 1560

Es waren vor allem die Abgründe, die Monster der Unterwelt, um die sich die Auftraggeber rissen: Angehörige der Fürstenhäuser in ganz Europa, der Klerus sowie die religiöskonservativen Kreise seiner niederländischen Heimatstadt’s-Hertogenbosch. Stolze 360 Gulden ließ sich sein Landesherr, Philipp der Schöne von Brabant, kosten, um das Weltgerichtstriptychon sein Eigen zu nennen, eine Summe, die einem Handelsschiff entsprach. Damit stand der so genannte „Teufelsmaler“ auf einer Stufe mit den renommiertesten Künstlern von ganz Europa. Neben den Gemälden waren auch seine Kupferstiche begehrte Sammlerobjekte. „Hieron. Bos invenit.“ – „Hieronymus Bosch hat es erfunden“ – lautete der Vermerk, den sich Nachahmer zunutze machten, um ihre Verkaufschancen zu steigern: Künstler, die seine Bilderfindungen rezipierten und über die Drucktechniken verbreiteten. In Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden präsentieren die Organisatoren der Ausstellung hochrangige Grafiken, die das aufzeigen, was das große Vorbild bewegte: das Ergehen der Sünder im „tiefsten Schoß der Hölle“, in einer Zeit des Umbruchs, als die Niederlande von wirtschaftlichem Aufschwung und Reformationsbewegungen erfasst werden. Eine verkehrte Welt, wie sie Philips Galle schildert, der den Betrachter als Kompagnon des Narren vorführt: mit Eselsohren, Schellen und Hahnenkamm auf der Narrenkappe, die Trägheit, Geschwätzigkeit und Wollust symbolisieren. af

Verkehrte Welt Das Jahrhundert von Hieronymus BoschVerkehrte Welt
Das Jahrhundert von
Hieronymus Bosch
Bis 11. September 2016
Bucerius Kunst Forum, Hamburg

Hg. Michael Philipp, Franz Wilhelm Kaiser
Katalog Hirmer Verlag € 39,90