Heinrich Campendonk in Penzberg
No. 04/2012
Das Penzberger Stadtmuseum unweit des Starnberger Sees ist spezialisiert auf den Künstler Heinrich Campendonk (1889 –1957), der dem Umkreis der Künstlergruppe um Wassily Kandinsky und Franz Marc, bekannt als „Der Blaue Reiter“, zugerechnet wird. Doch Campendonk lässt sich nicht so einfach einer Richtung zuordnen, auch wenn er wesentliche Merkmale der Malerei von August Macke und Franz Marc in seine Malerei übernahm und in seinen eigenen Stil umwandelte: Die Farbigkeit, obwohl angelehnt an Marcs Komplementärfarbenprinzip, bleibt bei ihm märchenhaft-bunt, ohne sich fest zu komplementären Paaren zusammenzuschließen und das Bild zu strukturieren. Auch die vegetabilen Formen, die sich häufig in Marcs Werken finden, integrierte der Künstlerfreund eher weniger in die Gesamtstruktur des Bildes.
Grundsätzlich scheint Campendonk und Marc das gleiche Thema zu interessieren: die Einheit von Kreatur und Natur, die Sehnsucht nach dem „irdischen Paradies“, die Campendonk in den Kreis des „Blauen Reiters“ führte. Charakteristisch für seine Bilder der Zeit um 1920 ist der additive Bildaufbau, aber auch die atmosphärische Farbigkeit, der „eigenartige Klang der Farben“, der alle Bildelemente in einer eigentümlichen Schwebe hält. Im Unterschied zu Marc, der von der Tiersymbolik zur Abstraktion vordringt, bleiben Campendonks Bilder in diesem Schwebezustand zwischen moderner Abstraktion und naivem Märchenbild, das ebenso von Marc Chagall beeinflusst wurde, verhaftet. Nach dem Kriegstod von Franz Marc zog Campendonk mit seiner Familie im Mai 1916 nach Seeshaupt am Starnberger See. Mit ihm siedelte auch der Künstlerfreund und Tiermaler Jean Bloé Niestlé um, der bis dahin ebenfalls in Sindelsdorf gelebt hatte. Von Anfang an faszinierte Campendonk die kleine Bergwerksstadt Penzberg, damals die Bahn- und Poststation der Region, deren Häuser und Bergwerksanlagen er aufgrund ihrer besonderen Haus- und Siedlungsform immer wieder als (Hintergrunds-)Motive seiner Bilder verwendete.
Nach dem Krieg kehrte Campendonk nach Krefeld zurück und erhielt 1926 die Leitung der Meisterklasse „Wandmalerei, Gasmalerei, Mosaik und Gobelinmalerei“ an der Kunstakademie Düsseldorf, wohin 1932 auch sein alter Kollege Paul Klee folgte. Beide wurden 1933 von den Nationalsozialisten entlassen. 1935 erhielt Campendonk einen Ruf als Professor für „Monumentale und dekorative Kunst“ an die Rijksakademie Amsterdam, wo er 1957 verstarb. Trotz mehrfacher Stellenangebote an deutschen Akademien kehrte Campendonk nach dem Krieg nicht mehr in sein Heimatland zurück. 2010 kam ein großer Teil des Nachlasses als Dauerleihgabe nach Penzberg, in deren Kirche Christkönig auch das Glasbild Jesaia von Campendonk zu sehen ist, das er 1937 für die Niederlande auf der Pariser Weltausstellung von 1937 vorstellte und das dort den Grand Prix gewann. hd