Mary Mattingly

Kunst für eine bessere Zukunft

No. 04/2022

In einer offensichtlich krisengebeutelten und immer stärker polarisierenden Welt setzen sich Künstler*innen zunehmend mit drängenden Fragen des menschlichen Lebens auseinander und entwerfen dazu Utopien. So auch die US-Amerikanerin Mary Mattingly. Mit ihrer gesellschaftlich engagierten Kunst, die geprägt ist von einem neuen Umweltbewusstsein und Verständnis von Diversität, untersucht sie Möglichkeiten nachhaltiger Lebensweisen und greift aktiv und gestaltend in soziale Prozesse ein.

Mary Mattingly, Pull, Port of NY/NJ, 2013 © Mary Mattingly

Wie stehen wir zu unserer Konsum- und Wegwerfkultur? Wie lässt es sich in einer zerstörten Welt überleben? Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit solch brisanten Themen gestaltet Mary Mattingly (*1979) als einen partizipatorischen Prozess, dem sie etwas Physisches voranstellt. Zum Beispiel einen „schwimmenden Wald“ wie das mit Nutzpflanzen bewachsene Projektspace Swale, das als essbare Landschaft durch die Häfen von New York schippert und das Publikum dazu animiert, selbst Lebensmittel anzubauen; oder Waterpod, ein autarkes Wohnsystem auf einem Lastkahn, welches die Schaulustigen an der Mole mit dem eigenen wachsenden Raumkonsum konfrontiert. Sie beide dienen der Öffentlichkeit als Plattform für Gespräche über Politik und regen dazu an, das Verhalten in Bezug auf begrenzte Ressourcen zu überdenken. Ähnlich provokativ setzt auch das Kunstprojekt Wearable Homes, in dem Mattingly als Kleidung tragbare Behausungen vorstellt, einen absurden Kommentar in die Welt, „wie Konsum aussehen könnte, nachdem fast alles Erdenkliche vermarktet wurde, und die Menschen durch verödetes Terrain navigieren“. In Zeiten zunehmender ökologischer Instabilität und einer vom Mangel an bewohnbarem Land gekennzeichneten Zukunft bedeuten solche kooperativen Gruppenprojekte eine Wegmarke für eine Neuarchitektur einer Gesellschaft, die abhängig ist von einem stabilen System unseres Planeten – allen voran von sauberer Luft, reinem Wasser, biologischer Vielfalt und beständigem Klima.

Der Band Mary Mattingly. What happens after ist die erste umfassende Monografie zum künstlerischen Werk der in Rockville, Connecticut, geborenen Künstlerin. Auf 288 Seiten präsentiert er ausgewählte Arbeiten der letzten zehn Jahre mit Modellcharakter – spektakuläre Performances und Installationen, die aufzeigen, wie die Gesellschaft Selbstinitiative ergreifen und damit eine bessere Zukunft schaffen kann. Mattingly gibt uns damit nicht nur Werkzeuge und Programme an die Hand, sondern schafft auch Strukturen, damit wir die flüchtigen Erfahrungen in eine beständige Realität verwandeln. so

Cover für Mary MattinglyMary Mattingly
What happens after
Mit Beiträgen von N. Bell, S. Cox, J. Decker
Text: Englisch
288 Seiten, 244 Abb. in Farbe
Premiumausgabe: Überformat
Hirmer Verlag € 59,–