Made Realities

Erfindung der Wirklichkeit

No. 03/2021

Der Katalogband Made Realities vereint vier Fotografen, die unabhängig voneinander mit einem für die Betrachtenden irritierenden Wechselspiel zwischen Fiktion und Wahrheit arbeiten. Denn Thomas Demand, Philip-Lorca diCorcia, Andreas Gursky und Jeff Wall erschaffen bzw. konstruieren die Realität, die sie abbilden.

Philip-Lorca diCorcia, New York City, 1983, aus der Serie A Storybook Life © Philip-Lorca diCorcia. Courtesy of the artist and David Zwirner

Lange wurde der Fotografie zum Vorwurf gemacht, sie würde im Grunde nur die sichtbare Welt abbilden und die künstlerische Leistung dahinter sei marginal. Diese kritische Haltung hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zwar radikal gewandelt, aber die Vorstellung vom vermeintlich dokumentarischen Wahrheitsgehalt und der Momenthaftigkeit der Fotografie blieb erhalten. Diese Annahme führen die vier Künstler ad absurdum, indem sie in ihren Fotoarbeiten nicht Existierendes abbilden, sondern ihre Motive im Vorfeld erfinden. Thomas Demands rekonstruierte Tatorte sind minutiös gebaute Papierattrappen, die narrativen Bildgeschichten diCorcias gestellte Fiktion. Auch die endlosen Perspektiven in Andreas Gurskys Panoramen entbehren jeder Wirklichkeit, sie basieren rein auf digitaler Bildbearbeitung. Ebenso sind die rätselhaften Alltagsszenen Jeff Walls keine Momentaufnahmen, sondern präzise choreografierte Inszenierungen. ck

Cover für Made RealitiesMade Realities
Fotografien von Thomas Demand, Philip-Lorca diCorcia, Andreas Gursky und Jeff Wall
Premiumausgabe:
Veredelter Einband mit zweifarbiger Prägung 
Deutsch, Englisch, Niederländisch (getrennte Ausgaben)
Hirmer Verlag € 24,90