Leinwand! Made in Austria

No. 04/2012

Wer sich für Belletristik interessiert, landet geradewegs auch bei den österreichischen Autoren, die in den letzten Jahren zunehmend erfolgreich wurden. Sie gehen oftmals mit einem unverkrampften Literaturverständnis, stilistischer Brillanz und oft groteskem Weltblick ans Werk. Unter den 2012 erschienenen Bücher bieten vor allem folgende drei dem Leser eine höchst spannende Unterhaltung.

In Blasmusikpop erzählt Vea Kaiser die skurrile Geschichte zweier Wissenschafts-Junkies, die in einem abgelegenen Bergdorf leben. Der eine, Großvater Johannes, forscht an einem fast ein Meter langen Fischbandwurm, der andere, sein Enkel, schwärmt für Herodot und verfasst eine Dorfchronik, die für die Dörfler ungeahnte Folgen haben wird. Kaiser erzählt die heitere Außenseitergeschichte flüssig und spickt sie mit wunderbaren Einfällen. Auch wenn manche Passagen altklug erscheinen, so hat die Autorin dennoch mit famosem Witz und erzählerischem Furor ein erstaunliches Romandebüt geschaffen.

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam

Von Vea Kaiser

Kiepenheuer & Witsch € 19,99


Keine fröhliche Geschichte bietet hingegen Clemens J. Setz mit Indigo. Ein Mathematiklehrer will Genaueres über die in unserer realen Welt nicht bekannte Indigo-Krankheit erfahren. Sind Kinder von ihr befallen, lösen sie bei den Mitmenschen unter anderem Erbrechen und Erblinden aus. Die Behörden trennen die Erkrankten deshalb von ihren Eltern und schicken sie in ein Internat. Bei den Nachforschungen wird der Protagonist allmählich verrückt. Dieser irrwitzige Montageroman fasziniert aufgrund seiner Rätselhaftigkeit und erschreckt gleichzeitig wegen der beklemmenden Atmosphäre. Und mag deshalb den einen oder anderen an Kafka und Pynchon erinnern.

Indigo

Von Clemens J. Setz

Suhrkamp € 22,95


Zu guter Letzt noch Wolf Haas’ Verteidigung der Missionarsstellung. Ob in London, Peking oder Santa Fe – immer, wenn sich der Sprachstudent Benjamin Lee Baumgartner in einer Stadt aufhält und sich dort verliebt, bricht eine Seuche aus. Der junge Mann kämpft nun vergebens gegen das Verlieben an. Doch er kann aus dem Liebesreigen nicht ausbrechen und dreht – mit ihm auch sein Erzeuger, Wolf Haas – langsam durch. Schon nach der ersten Seite ist man von der Sprache des promovierten Linguisten verzaubert. Geschmeidig und leicht reist der Leser durch eine schräge Geschichte, die vor allem mit anarchischem Witz zu überzeugen weiß. kh

Verteidigung der Missionarsstellung

Von Wolf Haas

Hoffmann und Campe € 19,90