Krieg und Frieden im 21. Jahrhundert
No. 01/2018
Selten ist die Landkarte auf dem Vorsatzpapier eines Buches ein solch hilfreicher und kluger Begleiter gewesen wie in dem Band Entlang den Gräben von Navid Kermani. Wer könnte Städte wie Jalta, Tiflis, Baku, Bergkarabach, Eriwan, Tartar und Täbris, um nur einige uns halbwegs geläufige Namen zu nennen, zielsicher verorten? So kann man die Reiseroute, die den Autor in den Jahren 2016/17 über 14 Monate hinweg von Deutschland über das Baltikum nach Russland bis nach Isfahan, die Heimat seiner Eltern, geführt hat, nachverfolgen.
Im Auftrag des Spiegels begann Kermani, mit viel Fingerspitzengefühl und Neugierde, bedeutender Literatur und zahlreichen Geschichtsbüchern im Gepäck, seine Reise „entlang den Gräben“ in seiner Heimatstadt Köln. Sein Weg führte ihn auf insgesamt 54 Etappen zu vergangenen Kriegsschauplätzen und nur brüchig befriedeten Gebieten, an Orte der Vertreibung, des Misstrauens, der Unterdrückung und Hoffnungslosigkeit. Sein Reisetagebuch erzählt aber auch von Schauplätzen, die uns in ihrer Großartigkeit, Fremdheit, Skurrilität oder ihrem Zauber berühren. Navid Kermani begegnet Menschen unterschiedlichster Religionen, Ansichten und Umgangsweisen mit der erlebten Geschichte. Immer geht es dabei um das Einst und Jetzt, selten um die Zukunft, die für viele seiner Interviewpartner mehr als ungewiss ist. So erschütternd und bedrückend einige der Berichte sind, so erhellend und hoffnungsfroh ist die Botschaft, die in den Wunsch nach einem friedlichen, demokratischen und völkervielfältigen Europa mündet. zh
Entlang den Gräben Eine Reise durch das östliche Europa bis nach Isfahan Von Navid Kermani C.H. Beck Gebunden, € 24,90