Kiesel im Schuh

Gedichte und Malerei

No. 02/2020

Bei Schäftlarn

Keiner zu sehen im Wald, mucksmäuschenstill,

nicht einmal von den Vögeln ein Piep.

Stell dir vor, wir könnten die Ameisen reden hören,

in unserer Lautstärke, auch die Insekten.

Nur der Bach spricht heute heller als sonst,

wenn er nur lustlos dahinmickert und man sich

nicht vorstellen kann, dass er eines schönen Tages

das Meer erreicht. Es wird langsam dunkel,

und all die schönen Dinge verschwinden,

aber der Bach bleibt zu hören, wie aufgedreht

brabbelt er ohne Punkt und Komma

in seiner unverständlichen Sprache,

die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will.

Michael Krüger

Christina von Bitter, ohne Titel, 2019  © Christina von Bitter

Es war eine Art Wagnis, das auch schief hätte gehen können: Zwei ausgeprägte Künstlerpersönlichkeiten beziehen sich mit ihren Werken aufeinander und lassen ihre Kunst miteinander kommunizieren. Rangeln Worte und Bilder um die größere Aufmerksamkeit? Mitnichten, die Dichtung von Michael Krüger und die Malerei von Christina von Bitter eröffnen in dem bibliophilen Band einen kongenialen Dialog voller Spannung, Zauber und Melancholie. In 60 Gedichten streift Krüger durch die Landschaft, entdeckt im Mikrokosmos das große Ganze, um dies mit leisem Spott in ein neues Licht zu setzen. Die ausdrucksstarken, farbintensiven Skizzen und witzigen Collagen von Bitter reagieren darauf mit selbstbewusster, spielerischer Leichtigkeit – ein Glücksfall, dieses Duett der Künstler. cv

Cover für Nach dem Gewitter die MückenNach dem Gewitter die Mücken
Gedichte & Bilder
Von Christina von Bitter, Michael Krüger
Gebunden, 128 Seiten
Hirmer Verlag € 16,90