Hi(r)story under Construction

Trans Geschichte in 99 Objekten

No. 03/2023

„Die Geschichte“ gibt es nicht und gab es nie – das 2013 gegründete Museum of Trans Hirstory & Art (kurz MOTHA) setzt mit seinem Grundsatz der Idee vermeintlich universaler Geschichtsschreibung ein machtkritisches Verständnis von Historizität entgegen.

Miss Major’s White Opera Pumps, undatiert, Foto: Marcel Pardo Ariza

Chris E. Vargas, Gründer*in und Direktor*in des MOTHA, kritisiert mit seinem*ihrem Ansatz der hirstory, also einer genderneutralen und transzentrierten Kunst- und Aktivismusgeschichte nicht nur die Norm von Heterosexualität und Binarität in der Historie, sondern deren Perpetuierung in der Kunst(welt) und ihren Institutionen. Mit seinem*ihrem konzeptuellen Kunstprojekt Trans Hirstory in 99 Objects, das sich aus dem Material von sechs Ausstellungsprojekten speist und nun in Buchform zueinander gefunden hat, schafft Vargas eine konkrete Gegendarstellung.

Fluide und stets in Weiterentwicklung begriffen, entzieht sich auch das Buch selbst normierenden Ideen eines „klassischen“ Ausstellungskataloges und stellt die politische, künstlerische und kollektive Bedeutung historischer und kultureller Objekte für die trans Community heraus.

Die beitragenden Autor*innen widmen sich mutig, poetisch und fundiert Filmen, Archivmaterial, bildender Kunst und anderen Artefakten.

Konsequent mitschwingend ist dabei immer die Auseinandersetzung mit der Ambivalenz der zunehmenden Repräsentation von trans Personen und Community in der Gesellschaft:

Der Vermittlung zwischen wachsender, positiver Sichtbarkeit und damit verbundener Vulnerabilität. Vor dem Hintergrund sich immer noch verschärfender (struktureller) Gewalt gegenüber trans Personen ist die künstlerische Intervention von MOTHA in ihrer Bedeutung daher kaum zu überschätzen. sg

Trans Hirstory in 99 Objects
Hg. David Evans Frantz, Christina Linden, Chris E. Vargas
Text: Englisch
Premiumausgabe:
Strukturiertes Papier, Gold-Druck, Relieflack, Lesebändchen 
Hirmer Verlag € 39,90