Here, Now!
Indigene Kunst aus Nordamerika
No. 01/2022
Die indigene Bevölkerung Nordamerikas fand lange Zeit in der Weltsicht wenig Beachtung oder wurde mit Klischees aus dem Wilden Westen bedacht. Erst in den letzten Jahren konnten Vertreter der Minderheit mit steter Mahnung und Erinnerung einen Umschwung herbeiführen. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass Medien vermehrt indigene Themen aufgreifen und über die Lebensumstände der Menschen, der Ureinwohner und ihrer Nachkommen, berichten. Eingeschlossen sind hier ebenso die Populärmedien, wie etwa die prämierte Serie Reservation Dogs, die das Leben in einem indianischen Reservat in den USA porträtiert und in Deutschland über Disney+ gestreamt werden kann.
Schon immer sehr der indigenen Kunst verschrieben, hat sich das Kunstmuseum Denver seiner umfassenden Sammlung angenommen, um diese zeitgemäß zu re-evaluieren. Objekt für Objekt wurden die korrekten Bezeichnungen und Einordnungen in den geschichtlichen Kontext überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Anlässlich der Wiedereröffnung der neugestalteten Präsentationsfläche hat das Museum die jüngsten Erkenntnisse in einer Publikation veröffentlicht, die mit ganzseitigen Aufnahmen zu einer Augenreise einladen. Ausgewählt wurden 200 signifikante Objekte der Sammlung, die nach Herkunftsregion angeordnet sind und damit Bezüge zu den Stämmen der Region und lokalen Gegebenheiten herstellen. Die Bandbreite der Exponate reicht von antiken Keramiken der Pueblo- oder Mississippi-Kultur über Perlschmuck und geschnitzte Masken aus dem 19. Jahrhundert, bis hin zu zeitgenössischer Malerei, Skulptur, Fotografie und Medienkunst. Stammesmitglieder und Angehörige der indigenen Bevölkerung liefern Exkurse zu einzelnen Werken, Techniken oder Motiven, wodurch nicht nur die Vielfalt indigener Lebenswelten und Erfahrungen, sondern auch die indigene Kunst Nordamerikas als lebendiges Kontinuum begreifbar werden.
Dass es in dieser Thematik noch viel aufzuarbeiten gilt, zeigt sich gleich zu Beginn der Publikation. Symptomatisch für die Sprengkraft und Relevanz eröffnet sie mit dem eindringlichen Werk The Scream von Kent Monkman. Es stellt eines der jüngeren Werke der Sammlung dar und lässt in seiner Wucht keinen Zweifel an der künstlerischen Intention zu: Der öffentliche Diskurs über Vergangenheit und Zukunft der indigenen Bevölkerung ist wichtig und längst nicht abgeschlossen. ra
Here, Now Indigenous Arts of North America at teh Denver Art Museum Hrsg. von Dakota Hoska, John P. Lukavic, Christiopher Patrello Text: Englisch 312 Seiten, 269 Abbildungen in Farbe Premiumausgabe: Einband mit Prägung Hirmer Verlag € 49,90