Global Groove

Art, Dance, Performance, Protest

No. 03/2021

Global Groove lautet der beschwingte Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Folkwang in Essen, die sich in sechs Kapiteln dem Thema des Tanzes in Kunst, Performance und Protest widmet. Im historischen Rückblick wird hier der Tanz als ästhetische Universalsprache offenbart, lange bevor es eine globalisierte Welt gab. Insgesamt 280 Arbeiten schildern überraschend enge Bezüge und den regen Austausch zwischen Choreografen, Tänzern, Modemachern, bildenden Künstlern und Intellektuellen aus Europa, den USA und Asien seit Anfang des 20. Jahrhunderts – ein Kulturkontakt, der sich als progressive Kraft bis in die zeitgenössischen Tanz-Perfomances von Künstler*innen wie Anne Imhof und Tino Sehgal fortsetzt.

Nam June Paik und John Godfrey, Global Groove, 1973, New York © Estate of Nam June Paik, courtesy Electronic Arts Intermix (EAI), New York

Alles beginnt mit dem legendären Serpentinentanz von Loïe Fuller, der extravaganten Amerikanerin, die auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 frenetischen Beifall erntete. Sie erkannte als erste das künstlerische Potenzial des elektrischen Lichts und setzte dieses als „Fee der Elektrizität“ effektvoll auf der Bühne ein. Eine wichtige Rolle spielte bereits damals eine tiefe Faszination für alles Exotische, darunter der japanische Noh-Tanz als prägende Inspirationsquelle für die westliche Tanz-Avantgarde. Als die Amerikanerin Martha Graham, die mit ihrem Modern Dance eine nie dagewesene Kühnheit im tänzerischen Ausdruck verkörperte, 1955 nach Japan reiste, wurde sie dort – trotz der belasteten politischen Verhältnisse – begeistert empfangen. Man versteht ihren Tanz unmittelbar, weil er mit der japanischen Kultur verbunden ist. Bereits in den Jahren zuvor hatte Graham mit dem japanisch-stämmigen Künstler und Designer Isamu Noguchi in New York aus einer tiefen ästhetischen Übereinkunft heraus zusammengearbeitet. Seine auf das Nötigste reduzierten, skulpturalen Bühnenbilder spiegelten genau den Zeitgeist, den die Tänzerin in ihren Performances zum Ausdruck bringen wollte. Jahre später wurde der kulturelle Dialog mit Japan durch die Zusammenarbeit von Merce Cunningham und der fantastischen Kostüm- und Couture-Designerin Rei Kawakubo in New York sowie von Pina Bausch und Yohji Yamamoto in Wuppertal fortgesetzt. Yamamoto erschien damals zum Schlussapplaus im Karateanzug mit schwarzem Gürtel. Ein symbolischer Akt für seine kulturelle Zugehörigkeit.

Der beeindruckende Katalogband ergänzt die Ausstellung mit seinen internationalen wissenschaftlichen Beiträgen um wesentliche Aspekte und dürfte zu einem Standardwerk werden, wenn es um Tanz in der Kunst geht. ck

Cover für Global GrooveGlobal Groove
Bis 14. November 2021
Museum Folkwang, Essen
Katalog zur Ausstellung
Text Dt./Engl.
Hirmer Verlag € 45,-