Französische Malerei

"Was es heißt, andauernd beleidigt zu werden"

No. 04/2017

Die Rezeption der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts ist besonders im deutschen Sprachraum recht einseitig. Künstler wie Manet, Corot, Monet, Daumier oder Delacroix werden zurecht als „Väter der Moderne“ angesehen, doch warum sind einstmals gefeierte Maler wie Monticelli, Gérôme, Meissonier oder Cabanel aus unserem Blick so gut wie verschwunden?

Eugène Giraud, Der Opernball, 1866, Musée Meissonier, Paris

Als Eduard Manet 1873 der Jury des Salon de Paris sein Gemälde Maskenball in der Oper vorlegte, wurde das Bild rundheraus abgelehnt. Am Sujet konnte es nicht gelegen haben, hatte doch der hochgelobte, in akademisch-klassizistischer Manier malende Eugène Giraud seine Fassung des Opernball sechs Jahre zuvor erfolgreich ausgestellt. Die Kritik der Juroren an Manets Gemälde zielte vielmehr auf die in ihren Augen „unfertige“ malerische Ausführung. Manet, ein damals häufig vom Publikum und der Kritik verspotteter Maler, wird heute zu Recht als einer der Wegbereiter der Moderne gefeiert, Eugène Giraud hingegen, wie auch die Namen anderer sogenannter „Salonmaler“, ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Werke der Impressionisten und ihre Vorläufer sind in Ausstellungen und Sammlungsbeständen der Museen allgegenwärtig, während die französischen Künstler, die sich im 19. Jahrhundert der Tradition verpflichtet sahen, im deutschen Sprachraum weitgehend von Ankäufen und Ausstellungen ausgeklammert wurden. Gerauds Opernball ist nach 1867 nur ein einziges Mal, im Jahr 2015, der Öffentlichkeit vorgestellt worden und nun erstmals wieder in Zürich zu sehen.Will man der französischen Malerei zwischen 1820 und 1880 gerecht werden, muss man auch die akademische Kunst betrachten, die parallel zu den Kunstströmungen Romantik, Realismus, Naturalismus, Freichlichtmalerei und dem darauffolgenden Impressionismus, Symbolismus und Postimpressionismus stattfanden. Die Gegenüberstellung der „Salonmaler“ und „Erneuerer der Malerei“ in der Ausstellung Gefeiert und verspottet visualisiert auf anregende Weise den längst überfälligen Diskurs über die Entwicklung der Kunst des 19. Jahrhunderts, zu der selbstverständlich auch jene zu Unrecht vergessenen Künstler ihren wesentlichen Anteil beigetragen haben. um

Cover für Gefeiert und verspottetGefeiert und verspottet
Französische Malerei 1820 –1880
Bis 28. Januar 2018
Kunsthaus Zürich
Katalog Hirmer Verlag € 45,–