Drei Klanglandschaften

Klangfundstücke und Bilderwelten

No. 03/2013

„Auf dem Pfad zum Tod und Leben“ ist nach der Katastrophe von Fukushima in Japan entstanden. Klangregisseur Stefan Winter verbindet gefundene Klang- und Krachstücke mit musikalischen Werken des Komponisten Fumio Yasuda und einer neuen Bilderwelt des Fotografen Nobuyoshi Araki zu drei Klanglandschaften.

Ende 2010 bat Stefan Winter den japanischen Künstler Nobuyoshi Araki, für ein audiovisuelles Werk zu fotografieren. In Zusammenarbeit mit dem Komponisten Fumio Yasuda, der bereits seit vielen Jahren mit Araki und Winter arbeitete, sollte eine neue Klang- und Bilderwelt entstehen. Winter hatte die Vision, Krach- und Klangfundstücke mit speziellen – für dieses Projekt geschaffenen – Musikwerken und Bildern zu verbinden.

Während der ersten Vorbereitungen geschah das Unvorstellbare: Am 11. März 2011 überflutete eine ungeheure Erdbebenwelle Teile Japans und löste die Nuklearkatastrophe von Fukushima aus. Der Tsunami vernichtete ganze Ortschaften, trieb Menschen in den Ruin, zerriss Familien, Freunde verschwanden und tauchten nie wieder auf.

Foto: Nobuyoshi Araki

Foto: Nobuyoshi Araki

Reise nach Japan

Dieses verheerende Ereignis wirkte sich auf die Arbeiten von Araki, Yasuda und Winter aus, die nach dem 11. März 2011 begannen, Elemente für die Installation zu schaffen. 2011 und 2012 trafen sich Nobuyoshi Araki, Fumio Yasuda und Stefan Winter verschiedene Male in Japan. Mit Mariko Takahashi reiste Winter in diesen Jahren durch das Land der aufgehenden Sonne. Der Zufall wollte es, dass beide kurz vor der Vernichtung die Gegend um Fukushima und Sendai besuchten.

Klang- und Krachstücke

Nach der Katastrophe entstanden die ersten Aufnahmen, Mariko Takahashi und Stefan Winter sammelten Tonspuren, nahmen auf Reisen durch Japan Klang- und Krachstücke auf. Es wurden konkrete Geräusche gesucht und gefunden, um Soundscapes zu schaffen. Drei große zusammenhängende Klangelemente (Taufe, Reise, Wellen) ohne Schnitte bilden die Hauptstränge, die in der Endmontage immer wieder gebrochen und „alteriert“ werden. Araki gestaltete Bilder, Porträts, Familienfotos, die er teilweise zerkratzte, Blumen, Drachen, Landschaften, gefesselte, entblößte Frauen und überdimensionale Blüten. Im Sommer 2012 nahm Winter in Tokio die Musik mit Fumio Yasuda und seinem Trio auf. Yasuda komponierte neue Stücke zu Arakis visueller Welt. Seine Kompositionen und Improvisationen bilden den musikalischen Leitfaden und vereinen sich mit den Soundscapes zu einem Klangraum.

Trilogie über Tod und Leben

Die einzelnen Teile wuchsen zusammen, es entstand eine Trilogie über Tod und Leben. Für Araki ist es besonders wichtig, dass das Leben nach dem Tod und nicht umgekehrt steht. Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Anfang – das Leben beginnt von Neuem. Die einzelnen Teile haben einen gemeinsamen, zeitlichen Rahmen, dauern jeweils 22 Minuten, sind aber selbstständig und in sich abgeschlossen. 22 ist die ursprüngliche Meisterzahl in der Numerologie, die das Überwinden jeden Hindernisses symbolisiert und hohe Energie sowohl im Schatten als auch im Licht signalisiert. cv

Maximiliansforum, München 
Eröffnung mit Live-Performance am 31. Oktober um 18 Uhr
Zur Eröffnung spielen Fumio Yasuda (Piano) und Stefan Winter (Soundscapes) ein Live-Konzert im Zusammenspiel mit Nobuyoshi Arakis Bilderwelt.