Das große Unbehagen

Die Kunst der Weimarer Republik

No. 04/2017

Die Jahre der Weimarer Republik (1918–1933) waren geprägt von sozialen Spannungen einer krisengeschüttelten Gesellschaft, politischen Umbrüchen und dem gleichzeitigen Vergnügungsrausch der „Goldenen Zwanziger“.  Zahlreiche Künstler reagierten darauf in ihren Werken, mal ironischbissig und humorvoll, häufig anklagend, drastisch und in ihren düsteren Voraussagen geradezu prophetisch.

George Grosz, Straßenszene (Kurfürstendamm), 1925, Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Es war eine aufgeladene Zeit, positiv wie negativ: auf der einen Seite das Streben nach Freiheit und Gleichheit, das selbstbewusste Rollenverständnis der „Neuen Frau“, die Diskussion über Homosexualität und Abtreibung sowie künstlerische Innovationen, auf der anderen Seite das Elend der Kriegsversehrten und Kriegswitwen, sprunghaft ansteigende Prostitution, Massenarbeitslosigkeit, Inflation, soziale Ungerechtigkeiten, Kriegsgewinnler und unheilvolle Kräfte, die die Demokratie untergruben. Viele der damaligen zeitgenössischen Künstler wollten sich  nicht damit begnügen, die Zustände zu beschreiben und abzubilden, sondern versuchten, diese mit kritischen Bemerkungen zu verändern. Verblüffend ist, wie weitsichtig manche von ihnen bereits Anfang der 1920er Jahre die kommenden politischen Ereignisse voraussahen, so etwa Georg Scholz mit seinem 1921 entstandenen Aquarell Café (Hakenkreuzritter) oder George Grosz mit Siegfried Hitler auf dem Titelbild der Zeitschrift Die Pleite von 1923. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt hat es sich zur Aufgabe gemacht, das „große Unbehagen“ dieser Zeit, das teils erschreckend aktuelle Bezüge herstellt, in den Mittelpunkt ihrer großen Themenausstellung zu rücken. Dabei geht es der Kuratorin Ingrid Pfeiffer weniger um die Feststellung eines gemeinsamen Stils der Künstler, sondern um die inhaltliche Gemeinsamkeit der dargestellten Themen. Die Ausstellung sowie der empfehlenswerte Katalog versammeln rund 200 Werke bekannter und wenig beachteter Namen wie Max Beckmann, Kate Diehn-Bitt, Otto Dix, Dodo, Carl Grossberg, Karl Hubbuch, Lotte Laserstein, Jeanne Mammen, Franz Radziwill, Christian Schad,  Rudolf Schlichter und Richard Ziegler. um

Cover für Glanz und Elend in der Weimarer RepublikGlanz und Elend in der
Weimarer Republik
Bis 25. Februar 2018
Schirn Kunsthallle Frankfurt
Ausstellungskatalog
Hirmer Verlag € 49,90