Wunderkind der Bildhauerkunst

No. 02/2014

Die Mainzer Erzbischöfe, Kurfürsten und Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation besaßen in Aschaffenburg mit Schloss   eine zweite, mit Mainz gleichrangige Residenz. In der Hierarchie des Reiches nahm der Mainzer Kurfürst den zweiten Rang gleich nach dem Kaiser ein. Das erklärt, weshalb der Schlossbau, eine Vierflügelanlage mit vier Ecktürmen und wichtigstes Spätrenaissanceschloss Deutschlands, einen Besuch lohnt.

Hans Juncker, Taufe Christi, um 1618, Portal, Schlosskapelle, Schloss Johannisburg, Aschaffenburg Foto: Ulrich Söding

Hans Juncker, Taufe Christi, um 1618, Portal, Schlosskapelle, Schloss Johannisburg, Aschaffenburg Foto: Ulrich Söding

In diesem Jahr feiert das großartige Bauwerk seinen 400.Geburtstag. Eine Ausstellung im Schloss zeigt das Werk des bedeutenden Hofbildhauers Hans Juncker (1582 bis ca. 1623), der aus einer Bildhauerfamilie stammte und als „Wunderkind“ galt. Virtuos führte er in seinen Skulpturen die um 1600 vorherrschenden italienischen und niederländischen Einflüsse zu einem eigenen Kunststil des sich gerade entwickelnden deutschen Barock zusammen.

Zwei seiner Hauptwerke sind das Portal und der Hochaltar der Aschaffenburger Schlosskirche. Das Portal zeigt im Giebelfeld die reich bewegte Taufe Christi. Dargestellt ist der Moment, in dem Johannes der Täufer das Jordanwasser aus einer Muschelschale über das Haupt Christi ausgießt. Der Altar besteht aus nicht weniger als 30 vollplastischen Skulpturen und 150 Relieffiguren aus weißem Alabaster, die durch Architekturelemente aus verschiedenfarbigem Marmor gerahmt sind. Im Mittelpunkt stehen die Kreuzigung und die Auferstehung, flankiert von Szenen aus der Passion Christi. Die größten Bildwerke sind der Erzbistumsheilige St. Martin und der selbstbewusste Auftraggeber Erzbischof Johann Schweikhard von Kronberg im vollen Ornat mit dem Modell des Schlosses in der Hand. wr

 

9783777422275_3Dn

Der Bildhauer Hans Juncker Wunderkind zwischen Spätrenaissance und Barock
Hrsg. von Thomas Richter
Hirmer Verlag € 45,–