Schillernde Fotografie
Marta Astfalck-Vietz inszeniert die Zwanzigerjahre
No. 02/2025
1989/90 veranstaltete die Berlinische Galerie im Martin-Gropius-Bau eine große Foto-Ausstellung, in der auch zwei Aufnahmen gezeigt wurden, die, so besagte es die Rückseite mit dem Copyright-Stempel, von einer gewissen Marta Vietz stammten.

Marta Astfalck-Vietz, Ohne Titel, um 1927, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Die Ausstellungsmacher kannten die Fotografin nicht, weshalb sie ihr den Zusatz „Lebensdaten unbekannt“ beifügten. Eine Besucherin und ehemalige Schülerin von Marta Vietz stellte den Kontakt zu der damals 89-jährigen Fotografin her, die als Marta Astfalck-Vietz (1901–1994) in einem Dorf bei Hannover lebte. Die Berliner Fotohistoriker erkannten bei einem Besuch sofort die Bedeutung von Vietz, der sie 1991 die Einzelausstellung Marta Astfalck-Vietz. Photographien 1922–1935 im Gropius-Bau widmeten. 34 Jahre später zeigt die Berlinische Galerie erneut eine Ausstellung über ihr Gesamtwerk, zu dem auch über 3000 Pflanzenaquarelle zählen, die sie im Berliner Botanischen Garten, im Garten ihres Freundes, des bekannten Gärtners Karl Foerster in Potsdam, sowie auf der Insel Mainau im Bodensee geschaffen hat.
Nach einem Studium an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums und einer Fotografenausbildung eröffnete Vietz 1927 ihr eigenes Fotoatelier – schon zuvor hatte sie mit dem Medium Fotografie experimentiert. Besonders beeindrucken zahlreiche avantgardistische Selbstporträts, in denen sie sich in wechselnder exotischer und opulenter Gewandung als „Spanierin“, „Geisha“, „Südseeinsulanerin“ oder nackt inszenierte, sozusagen Selfies der 1920er Jahre. Ihr Atelier und Bildarchiv wurden bei einem Bombenangriff 1943 in Berlin zerstört, die erhaltenen Aufnahmen hatte sie ihrem Vater zur Verwahrung gegeben. wr
Marta Astfalck-Vietz Inszeniertes Selbst Bis 13. Oktober 2025 Berlinische Galerie, Berlin Katalog zur Ausstellung Hg. Thomas Köhler, Katia Reich Premiumausgabe:Leineneinband Text: Deutsch/Englisch Hirmer Verlag € 49,90