Mehr Wind!

Ein Streifzug durch die Welt des Fächers

No. 01/2017

Fächer, mit deren Hilfe man sich kühle Luft zuwedelte, gehörten wie Handtaschen oder Schirme jahrhundertelang zu den unverzichtbaren modischen Accessoires weiblicher Mitglieder des Adels, später auch des Bürgertums. Über seine geschichtlichen Anfänge, den Aufstieg zum Statussymbol und Überbringer geheimer Botschaften gibt ein Bildband Aufschluss, der eine Vielzahl hochkarätiger Sammlerstücke präsentiert.

Brisé-Fächer mit Elfenbeinstäben und Goldauflage, vermutlich Holland um 1700, Privatsammlung

Brisé-Fächer mit Elfenbeinstäben und Goldauflage, vermutlich Holland um 1700, Privatsammlung

Die klassischen Faltfächer, die vermutlich in Ostasien erfunden wurden, erlebten in Europa vom 16. Jahrhundert bis etwa um 1900 ihre Blütezeit. Sie wurden als exquisite Luxuswaren vor allem in Italien und Paris produziert. Parallel dazu gab es einen beinahe steten Fluss von Importwaren aus China. Diese Chinoiserien erfreuten sich in Europa großer Beliebtheit. Während die frühen Fächer kunstvoll bemalte Einzelstücke waren, entstanden im 19. Jahrhundert industriell gefertigte Massenartikel, wodurch der Fächer die Aura der Exklusivität verlor.

Fächer waren keine reinen Gebrauchsgegenstände. Sie konnten aus kostbaren Materialien wie Elfenbein oder Perlmutt gefertigt sein und damit ihrer Besitzerin als Statussymbol dienen. Kulturhistoriker betonen, dass Fächer beim Flirtverhalten auf Bällen und Soireen im 18. und 19. Jahrhundert auch als Mittel nonverbaler Kommunikation eingesetzt wurden: Danach konnte die Haltung des Fächers einer Dame dem Angebeteten in einer Art Geheimsprache verschlüsselte Botschaften übermitteln.

Bereits ägyptische Pharaonen und römische Cäsaren ließen sich durch Sklaven kühle Luft mit Straußenfederwedeln zufächeln. Den Päpsten folgten Diener mit ebensolchen Wedeln noch bis in die 1970er Jahre, wenn sie auf Thronsesseln in Prozessionen getragen wurden. Damenporträts der italienischen Renaissance zeigen faltbare Fächer. Die ältesten erhaltenen Faltfächer entstammen der Barockzeit. Ihre Bemalung weist meist Szenen der griechischen und römischen Mythologie auf. Im Rokoko wurden intime Schäferszenen Mode, im späten 18. Jahrhundert finden sich Darstellungen aktueller Ereignisse wie der Start der ersten Montgolfiere oder der Sturm auf die Bastille. Beliebt waren auch Darstellungen antiker Bauten, die zum Programm der Grand Tour gehörten, die zunehmend auch von Frauen absolviert wurde.

In einem neu erschienenen Prachtband des Hirmer Verlages werden über Hundert dieser Miniaturkunstwerke im Halbrund in brillanten ganzseitigen Farbabbildungen gezeigt. Sie entstammen einer süddeutschen Privatsammlung, die sich mit den besten Sammlungen der Welt, etwa der Fächersammlung der englischen Königin Elizabeth II., messen kann. wr