Die Wunderkammer

Leo Seidels Memento Mori

No. 02/2025

Von dem vielfach ausgezeichneten Berliner Fotografen Leo Seidel (*1977) ist man es gewohnt, bestes Handwerk und Fotokunst präsentiert zu bekommen. Was er in dem aktuellen Band Wunderkammer vorlegt, ist jedoch mehr als dies: Er verzaubert uns mit seinen magischen Geschichten, die er in fotografischen Stillleben inszeniert.

Leo Seidel, Wunderkammer des Monsieur X, 2024, © Leo Seidel

Mal ist es eine Vielzahl von aufwendig arrangierten bizarren Fundstücken, mal ist es eine vom Wetter gezeichnete Jesusfigur mit zwei Narzissenblüten hinter den Ohren oder ein Totenschädel in Dada-Manier: Bei Leo Seidels Bildern treffen düster und anachronistisch wirkende Szenen auf verspielte Leichtigkeit, Morbidität auf feinen Humor, Opulenz auf Minimalismus. Der zweite Teil dieses fantastischen Bildbandes zeigt die Fotogramme von Leo Seidel, in denen er die Kamera zur Seite legt und nur mit Licht und Fotopapier arbeitet. Auch diese Werke wirken wie aus einer Wunderkammer entsprungen: Seidel setzt Lichtstrahlen wie Pinselstriche ein und kreiert Kunstwerke, die mit ihrer Nebelhaftigkeit von Schatten und Umrissen spielen und uns animieren, ihre Geschichten weiterzuspinnen. Ob Seidels Bilder oder Fotogramme, sie alle erzählen von Melancholie, Verlust und Vergänglichkeit, gleichzeitig von Schönheit, Grazie und Würde – geradezu eine Einladung, das eige­ne Leben zu reflektieren. cv

Wunderkammer
Leo Seidel
Mit Texten von Hartmut Dorgerloh und Christoph Tannert
128 Seiten, 100 Abbildungen
22,5 cm x 25 cm, gebunden 


Hirmer Verlag € 29,90

 

 

 

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