Tour de Suisse

Künstler entdecken die Schweiz

No. 04/2017

Im Mittelalter und bis ins 18. Jahrhundert hinein querten viele Menschen die Alpenpässe: deutsche Könige auf dem Weg zur Kaiserkrönung nach Rom, Kreuzfahrer, fromme Pilger, Kaufleute mit ihren Waren, Boten, Diplomaten und päpstliche Legaten. Keiner hat das Bedürfnis verspürt, irgendetwas anderes zu tun, als die Berge so schnell wie möglich und unfallfrei hinter sich zu lassen.

Gabriel Lory, genannt Lory père, Eiger, Mönch und Jungfrau von Isenfluh aus, o.J.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde es unter Adeligen Mode, sich auf Bildungsreisen nach Italien zu begeben. Ihr Ziel war in einer Zeit der Antikensehnsucht Rom, später auch Neapel und Sizilien. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist jedoch ein erstaunlicher Wahrnehmungswandel festzustellen. Die wohlhabenden, jungen Bildungsreisenden entwickelten eine Faszination für die eindrucksvollen, schneebedeckten Viertausender. Sie legten Zwischenstopps im Berner Oberland, im Wallis, an den großen Schweizer Seen oder am Naturschauspiel von Gletschern oder Wasserfällen wie des Rheinfalls bei Schaffhausen ein. Die Philosophen der Aufklärung, Jean-Jacques Rousseau oder der Berner Naturforscher Albrecht von Haller, interpretierten die Natur nicht mehr als feindlich. Auch naturwissenschaftlicher Forschungsdrang, ein Wesenszug der Aufklärung, und sportlicher Ehrgeiz bei der Erstbesteigung von Alpengipfeln lockte die Menschen in die Berge. Mit den Touristen kamen die Künstler: Schweizer, aber auch Franzosen und Deutsche, entdeckten für sich eine Marktlücke. Sie schufen als Unternehmerkünstler auf eigene Rechnung zumeist kleinformatige Werke auf Papier, Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken, zunächst der Landschaft, später auch der Städte und der bäuerlichen Trachten, welche die Touristen als Souvenirs erwerben konnten. Häufig stehen winzige Staffagefiguren vor der Kulisse der grandiosen Bergwelt. Die Schweizer Industriellen-Familie Neher hat diese Kunstwerke sowie die frühe Reiseführer-Literatur über Generationen gesammelt und sie 2013 dem Schaffhausenern Museum Allerheiligen gestiftet. Dazu ist jetzt anlässlich einer Sonderausstellung ein Bestandskatalog erschienen, der alle touristisch interessanten Regionen der Schweiz in hochwertigen Abbildungen der Werke dokumentiert. wr

Tour de Suisse
Schweizer Kleinmeister aus der Sammlung Bernhard Neher
Bis 2. April 2018
Museum zu Allerheiligen Schaffhausen
Ausstellungskatalog
Hirmer Verlag € 39,90

 

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