Wunder des Werdens

Die Zeichnungen von Rudi Wach

No. 01/2018

Für den international renommierten Bildhauer Rudi Wach (*1934) nimmt die Zeichnung eine elementare Position innerhalb seines Werkes ein, sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Es kommt zu einer täglichen Begegnung zwischen dem Künstler und seinen Linien und Formen, die ein geheimnisvolles Eigenleben zu haben scheinen.

Rudi Wach, Die Hand wird zur Figur I, 2008, © Rudi Wach

Am Anfang der Zeichnung steht ein Bündel Linien auf dem Papier, die „bis zum Rande mit Energie angefüllt sind“. Dann beginnt ein Prozess, den Rudi Wach als ein Entwirren des Chaos beschreibt, bei dem sich „die Linien kreuzen und vereinen. Zerstörte und noch geschlossene Linien liegen nebeneinander. Noch wissen sie nicht, warum sie hier sind, wohin sie gehören. Allmählich beginnt das Blatt zu vibrieren“. Im Laufe des Schaffensprozesses finden die Linien zu einem Ganzen zusammen, es entstehen Bilder mit poetischen und rätselhaften Titeln wie Der Fischer zeigt seine Beute oder Die Hand hält den Stier über dem Becken der Verwandlung. Sie lassen eine geheimnisvolle Welt von mythischen Wesen und organischen Gebilden entstehen, wobei die Darstellung der Hand eine tragende Rolle einnimmt.

Die Hinwendung zur Zeichnung begann bereits vor über 35 Jahren. Zuvor studierte Wach Bildhauerei an der Accademia di Belle Arti di Brera bei Marino Marini in Mailand. 1957 traf er Alberto Giacometti, der ihn nach Paris einlud. Nach drei Jahren kehrte Wach nach Mailand zurück, wo er bis heute lebt und arbeitet. Anfang der 1970er Jahre trennten sich langsam Rudi Wachs Zeichnungen von dem Skizzenhaften und dem Vorbereitenden für die Bildhauerei, „was blieb, war die Suche nach einer neuen Figuration“. Es entstanden Bilder, „die tief in meiner Psyche vorhanden waren und allmählich auf meinen Zeichnungen sichtbar wurden“, schreibt der Künstler in seinem Buch Der Zeichner Rudi Wach.

In den 1990er Jahren fand er in der Leinwand das für seine bis zu 550 x 210 cm großen Zeichnungen geeignete Material, welches ihm hinsichtlich des Formats aber auch der Textur eine größere Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten gewährte. Der großformatige und mit edlem Papier ausgestattete Premium-Band unterstreicht die Wirkung der dort präsentierten 120 Zeichnungen aus den Jahren 2008 bis 2017 auf besonders gelungene Weise. Der einführende Essay von Klaus Wolbert setzt Rudi Wachs zeichnerisches Werk in den kunsthistorischen und philosophischen Kontext und verortet es als das Fundament seiner künstlerischen Tätigkeit. ers

Cover für Der Zeichner Rudi WachDer Zeichner Rudi Wach
von Klaus Wolbert
208 Seiten, 120 Abbildungen
Premium-Ausgabe:
XL-Hochformat,Munken-Papier  
Hirmer Verlag € 35,00