Thomas Gainsborough

Mr. und Mrs. Andrews Reise an die Elbe

No. 01/2018

Von Wilfried Rogasch

Die Hamburger Kunsthalle zeigt die erste Einzelausstellung des berühmten englischen Malers Thomas Gainsborough (1727 bis 1788) in Deutschland. Interessant ist dabei, dass die Kunsthalle über keinen eigenen Grundstock an Gainsborough-Gemälden verfügt und dennoch etwa 80 Werke des Künstlers zu sehen sind, darunter viele Werke aus den wichtigsten Londoner Museen wie der National Gallery, der Tate Gallery sowie dem Victoria & Albert Museum. Zu verdanken ist dies dem Netzwerk des Kunsthallendirektors Christoph Martin Vogtherr, welcher jahrelang der Wallace Collection und damit einer der wichtigsten Londoner Sammlungen vorstand.

Thomas Gainsborough, Robert und Frances Andrews („Mr. und Mrs. Andrews“), um 1750, The National Gallery, London, © The National Gallery, London

Das Besondere der Ausstellung ist, dass Gainsborough nicht vornehmlich als Porträtmaler gezeigt wird, als der er bekannt ist, sondern als Landschaftsmaler. Dieses Genre war ihm zeitlebens ein besonderes künstlerisches Anliegen. Hier war er seiner Zeit voraus, später beriefen sich John Constable und William Turner auf ihn. Die Landschaftsmalerei vor Gainsborough war im Holland des 17. Jahrhunderts als eigenständiges Genre zu hoher Blüte gelangt. Gainsboroughs Heimat East Anglia zeichnete sich durch geografische Nähe zu Holland und engste Handelsbeziehungen dorthin aus: Die Engländer verkauften vor allem Schafswolle, die Holländer auch Gemälde. Dadurch wird der junge Maler früh mit holländischer Landschaftsmalerei in Berührung gekommen sein. Wir wissen, dass er zeitlebens Kunstsammlungen in englischen country houses besuchte, in denen die holländische Schule häufig dominierte.

Durch die Verlegung seiner Werkstatt 1759 in den mondänen Kurort Bath wurde Gainsborough berühmt. Hier traf sich die englische High Society, nicht nur um zu kuren, sondern ebenso um Geschäfte zu tätigen und die eigenen Töchter unter die Haube zu bringen. Gainsborough porträtierte die jungen Ladys, aber auch ihre Eltern, Brüder und Ehemänner, die allesamt über genügend Zeit verfügten, ihm Modell zu sitzen, und so war er bald der gefragteste Bildnismaler Englands. Er selbst zog hingegen seine Landschaften den Porträts vor. Allerdings arbeitete er nicht en plein air, also unter freiem Himmel, sondern komponierte seine Szenerien in der Werkstatt, wo er auch Naturmaterialien zu Landschaftsmodellen formte. Erstaunlich ist, dass die Londoner Nationalgalerie das berühmte Gemälde Mr. and Mrs. Andrews verliehen hat. Dieses Bild, halb Doppelporträt, halb Landschaftsgemälde, zählt zu den Ikonen der englischen Kunstgeschichte und verlässt normalerweise niemals seinen angestammten Platz.  Vielleicht wollten die Leihgeber ein Zeichen gegen den „Brexit“ setzen, den die Londoner Kunstszene mehrheitlich ablehnt.

Cover für Thomas GainsboroughThomas Gainsborough
Die moderne Landschaft
Bis 27. Mai 2018
Hamburger Kunsthalle
Katalog zur Ausstellung
Hirmer Verlag € 45,–