Poltergreis

No. 04/2013

Nach den beiden Bänden Henry der Held von 2000 und Jazztime von 2006 liefert Roddy Doyle den letzten Band seiner Trilogie The Last Roundup. Sein legendärer Protagonist Henry, der mit seiner Sicht auf die Welt kein Blatt vor den Mund nimmt, verstrickt sich ins irische Milieu und erlebt eine Menge filmreifer Szenen.

Als Wanderarbeiter zieht Henry Smart zur Zeit der Großen Depression mit seiner Familie in Güterwagen durch die USA. Bei einem Unfall stürzt er aus dem Zug, wobei ihm ein Bein abgerissen wird. Frau und Kind sieht er nie wieder. Erschöpft schleppt er sich auf einem Holzbein in die Wüste, um zu sterben. Doch die Geschichte nimmt eine überraschende Wendung: „Ich legte mich hin und ließ mich von der Sonne zu einem Nichts verbrennen. Ich starb. Ich kam von den Toten zurück, als Henry Fonda auf mich pinkelte.“ In Die Rückkehr des Henry Smart schafft es Roddy Doyle, den Leser mit schwarzem Humor, tragischkomischen Plots und fetzigen Dialogen zu überzeugen. Doyle lässt Henry Smart, der aus Nordirland eingewandert ist, als IRA-Berater am Filmset des Regisseurs John Ford arbeiten. 1951 kehrt er nach Nordirland, der „Provinz der Unruhe“, zurück. Smart arbeitet als Hausmeister in einer Schule in Dublin und wird gleichzeitig von seinen früheren IRA-Kumpanen für den Kampf rekrutiert. Henry Smart ist zwar schon 79 Jahre alt, doch der Greis ist zäh und versteht es, mit Witz und Können zu überleben.

Seit dem Ende der Sechzigerjahre wurden in Nordirland bei den so genannten Troubles zwischen den Katholiken und den Protestanten 3500 Menschen getötet. Auch wenn 1998 die Gewaltfreiheit beschlossen wurde, sind die Erinnerungen an diese Zeit noch nicht verblasst. Der Ire Roddy Doyle hat viele Bestseller geschrieben, u. a. The Commitments. In diesem Roman gelingt es ihm, einen Religionskrieg, der vor unserer Haustüre stattfand, noch einmal Revue passieren zu lassen, ohne dabei Sentimentalitäten aufkommen zu lassen. kh

Die Rückkehr des Henry Smart 
Von Roddy Doyle
Hanser € 21,90