Oskar Kokoschka

"Lasst den Kerl von der Presse in der Luft zerreißen"

No. 02/2014

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, so hätte das Motto von Oskar Kokoschka lauten können, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der Art eines Enfant terrible die Wiener Kunstszene in Atem hielt und sein Publikum mit ungewohnten expressiven Werken im Bereich Kunst, Schriftstellerei oder Theater konfrontierte.

Von drohender Kritik ließ er sich nicht einschüchtern: „Laßt den Kerl von der Presse in der Luft zerreißen, wenn er es so wünscht“, vermittelte sein Freund Gustav Klimt in seiner Funktion als Jurymitglied der Internationalen Kunstschau, die 1909 in Wien stattfand. Mit „Kerl“ meinte er den jungen Kokoschka, der nicht dazu zu bewegen war, den allgemeinen Teilnahmebedingungen zu folgen und seine Bilder für eine Vorauswahl zu präsentieren. Der Erfolg gab ihm Recht. Seine Porträts, Akte, Grafiken und Schriftstücke, die zum Teil auf der Bühne inszeniert wurden, waren zwar eigen, ernteten aber durchaus Beifall und brachten ihm Förderer wie Adolf Loos und Karl Ernst Osthaus ein, die ihm Aufträge verschafften und in die intellektuelle Oberschicht einführten.

„Ich liebe die Menschheit nicht.“

Als Oskar Kokoschka 1912 mit 26 Jahren ein Liebesverhältnis mit Alma Mahler, der Witwe Gustav Mahlers, begann, war er ein gefragter Künstler, der in schneller und pastoser Pinselführung und leuchtender Farbpalette ausdrucksvolle Bilder malte, hervorragend zeichnete und seine Zeitgenossen porträtierte.

Mit dem für ihn tragischen Ende der Beziehung zu Alma und den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs verdüsterte sich die Stimmung in seinen Werken und machte einen Bruch mit der gewohnten Lebenssituation notwendig. 1918 kehrte er Österreich den Rücken und fand in Dresden den nötigen Abstand, um sich neu zu entfalten und auf künftige politische Repressalien reagieren zu können. Die enge Verknüpfung der Person Oskar Kokoschka, seiner bewegten Lebensgeschichte und dem daraus resultierenden autobiografischen Werk präsentiert die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg. Sie zeichnet das umfassende Bild eines sensiblen und willensstarken Mannes, der sich humanistisch engagierte und am Ende seines Lebens resümierte: „Mich hat immer nur der Mensch interessiert.“ af

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Oskar Kokoschka Humanist und Rebell 
Bis 17. August 2014 Kunstmuseum Wolfsburg
Katalog Hirmer Verlag € 49,90 
Hrsg. von Markus Brüderlin, mit Beiträgen von
R. Bonnefoit, B. von Bormann und K. Erling