Höhenflüge

Die Mobiles von Alexander Calder

No. 03/2013

Sie sind sinnlich, poetisch und erwachen durch den leisesten Lufthauch zum Leben. Mit seinen filigranen Konstruktionen aus Draht und farbigen Metallplättchen hat der US-amerikanische Bildhauer Alexander Calder das Mobile in den Olymp der Kunst erhoben. Dass seine Werke weit mehr als zauberhafte Verspieltheit sind, zeigt die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf in der seit über 20 Jahren ersten umfangreichen Gesamtschau.

Noch Jahrzehnte später konnte sich Alexander Calder (1898 –1976) an den Moment erinnern, in dem ihm die Idee kam, geometrische Formen zum Schwingen zu bringen. Während eines Atelierbesuchs im Oktober 1930 bei Piet Mondrian, der im Paris der 1920er Jahre der abstrakten Malerei den Weg bereitete, sah Calder farbige Rechtecke aus Karton, die Mondrian als experimentelle Schaustücke an der Wand zwischen den Fenstern befestigt hatte.

„halb Materie, halb Leben“

Für Calder war der Besuch wie ein „Schock, der die Dinge ins Rollen brachte“: Er wandte sich der Abstraktion zu und widmete sich von nun an überwiegend der Konstruktion luftbewegter, abstrakter Skulpturen, Mobiles. Bei diesen „seltsamen Wesen, halb Materie, halb Leben“, wie Calders Freund Jean-Paul Sartre dessen Arbeiten beschrieb, setzte der gelernte Ingenieur auch Kurbeln, Hebel und später Motoren ein, die die Kunstwerke in Gang bringen. Beispielsweise stoßen Kugeln an Flaschen, Metallscheiben oder Holz und lassen so ein Konzert der Zufallstöne entstehen.

Das Werk Calders in seinem Innersten zu ergründen, ist keine leichte Aufgabe, und selbst berufene Kunsthistoriker haben bis vor kurzem einen „Bogen darum gemacht“, so Alexander S.C. Rower, Präsident der Calder Foundation, New York, und Enkel des Künstlers. Umso mehr erfreut die Tatsache, dass die Ausstellung Alexander Calder – Avantgarde in Bewegung ganz neue Aspekte in den Diskurs um sein Werk einbringt. So wird nicht nur Calders gesamtes Œuvre beleuchtet – von den frühen Drahtporträts und hölzernen surrealistischen Figuren über die in den 1930er und 40er Jahren entstandenen Mobiles bis hin zu den späten riesigen „Stabiles“ aus Stahl – sondern auch anhand seiner Klangskulpturen das Thema „Klang und Bewegung“ beleuchtet. Zu der experimentellen Musik von John Cage oder Edgar Varèse treten Calders Mobiles in einen faszinierenden Dialog und bringen das musikalische Potenzial seines Werkes erstmals in diesem Umfang zur Geltung. um

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Alexander Calder – Avantgarde in Bewegung
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Bis 12. Januar 2014
Deutsch/ Englisch
Katalog zur Ausstellung mit DVD Hirmer Verlag € 34,90
Dieses Buch wurde als »Best Art Book« ausgezeichnet.
Auch als E-Book erhältlich: www.hirmerverlag.de/ebook-Calder/ oder den QR-Code scannen im PDF (s. Archiv)