Goldene Zeiten

Spanische Meisterwerke von 1590 bis 1700

No. 02/2016

In diesem Sommer widmet sich die Berliner Gemäldegalerie dem goldenen Jahrhundert der spanischen Kunst unter dem Titel El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez. Anschließend wird die Ausstellung mit etwa 120 Meisterwerken der Malerei, Skulptur und Zeichnung in der Münchner Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung zu sehen sein. 

Nach der erfolgreichen Retrospektive des Spaniers Joaquín Sorolla könnte dies gleich die zweite Blockbuster-Ausstellung der Kunsthalle mit spanischer Kunst in diesem Jahr werden. Wahrscheinlich wäre die Schau in der Kunsthalle in dieser opulenten Form ohne die Partnerschaft mit der Berliner Gemäldegalerie nicht zustande gekommen – verfügt diese doch über den wohl bedeutendsten Bestand spanischer Malerei in Deutschland. Somit haben sich die Leihgeber in aller Welt, allen voran der Prado in Madrid, nicht lumpen lassen. Darüber hinaus erhofft man sich auch im Gegenzug Berliner Leihgaben für eigene Vorhaben. Dies ist ein Pfund, mit dem die Kunsthalle nicht wuchern kann, da sie ja über keine eigene Sammlung verfügt. Was ist in der Ausstellung zu sehen? Eine eindrucksvolle Reihe von Meisterwerken der verschiedensten Genres des goldenen Zeitalters, das etwa von 1590, also vom Ende der Regierungszeit Philipps II., bis zum Tode des letzten Habsburgers auf dem spanischen Thron, Karl II., im Jahre 1700 reicht. Während der Hochblüte spanischer Kunst erlebte das Land jedoch politisch wie wirtschaftlich einen Niedergang: Die mächtigste Kolonialmacht Europas wurde zunehmend von Frankreich und den protestantischen Seemächten England und Holland überflügelt. Als Ergebnis des Spanischen Erbfolgekrieges errangen die französischen Bourbonen die spanische Krone, die sie bis heute tragen. König Felipe VI. hat gemeinsam mit dem Bundespräsidenten die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernommen.

Eugenio Cajés, Der Heilige Ildefons empfängt von Maria die Kasel, 17. Jh. © Musée des Beaux-Arts de Bordeaux, Foto: L. Gauthier, F. Deval

Eugenio Cajés, Der Heilige Ildefons empfängt von Maria die Kasel, 17. Jh. © Musée des Beaux-Arts de Bordeaux, Foto: L. Gauthier, F. Deval

Malerei und Plastik

Neben den großen Malern wie Velázquez, El Greco, Murillo und Zurbarán gilt es weniger bekannte wie Diego Polo, Antonio de Pereda, Alonso Cano und Jusepe de Ribera zu entdecken. Ebenso ist die expressive, emotionsgeladene spanische Plastik des 17. Jahrhunderts im Ausland kaum bekannt. Sie entstand fast ausschließlich im Auftrag der in Spanien so dominanten katholischen Kirche. Die Werke, Ausdruck der Gegenreformation, entstanden zur Ausschmückung von Gotteshäusern, manche werden bis heute in den Prozessionen der „Semana Santa“, der spanischen Karwoche, durch die Städte getragen. Diese holzgeschnitzten, farbig gefassten Bildwerke galten in den Augen der in Europa tonangebenden Italiener, die monochrom in Marmor oder Bronze arbeiteten, als altmodisch, ja primitiv und „mittelalterlich“. In Bayern wird man sich jedoch an die ebenfalls polychromen Holzschnitzereien eines Ignaz Günther und seiner Zeitgenossen erinnert fühlen.

Eine Schwäche des Ausstellungskonzeptes ist der Umstand, dass nicht deutlich wird, wie stark die spanische Malerei von ausländischen Künstlern geprägt wurde. Selbst der Titan der spanischen Meister, Diego Velázquez, ist ohne den Venezianer Tizian, den Flamen Rubens oder den Römer Caravaggio nicht zu denken. Im reich illustrierten Katalog werden diese Einflüsse jedoch eingehend diskutiert. wr

9783777424781_3DnEl Siglo de Oro. Die Ära Velázquez
1. Juli bis 30. Oktober 2016 Gemäldegalerie, Berlin
Ab 25. November 2016 Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München
Deutsch/ Englisch

Hg. Staatliche Museen zu Berlin, Kunsthalle München
Katalog zur Ausstellung Hirmer Verlag € 45,–