Gipfeltreffen der „Viri illustres“

No. 03/2017

Homer mit Dichterbinde, Alexander der Große mit typisch löwenhaftem Haarwirbel oder Augustus, der im Alter von 70 Jahren noch immer die ewige Jugend zelebrierte – die Porträts der Antike spiegeln nicht immer die Realität, dafür aber das Image ihrer Auftraggeber. Ein Gipfeltreffen der „viri illustres“ findet derzeit in der Glyptothek statt und gewährt Einblicke in 1000 Jahre Porträtgeschichte.

 

Porträt eines römischen Politikers der späten Republik, um 50 v. Chr., © Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München, Foto: Renate Kühling

Nur die Köpfe abzubilden, war nicht die Sache der alten Griechen. Sie bevorzugten, den ganzen Körper zu zeigen, möglichst athletisch und wohlgeformt, nach der Devise: Wer äußerlich schön ist, ist auch innerlich gut. Je nach  Epoche unterscheiden sich die Figuren – wurden die Ehrenstatuen in der Archaik noch stilisiert und mit einem zeitlosen Lächeln versehen, so schätzte man in der Klassik ideale Züge, bevor der Hellenismus die Strenge aufbrach und den Standbildern Leben einhauchte.
Ganz anders in römischer Zeit. Hier war der Büstenausschnitt das Nonplusultra, das spiegeln die vielen Dichter, Philosophen, Kaiser und Staatsmänner, die in neuer Aufstellung den Römersaal der Glyptothek füllen. Ihre  unverwechselbaren Porträts waren ursprünglich im öffentlichen Raum zu sehen oder hielten Einzug in Villen, um dem Besitzer ein glanzvolles Auftreten zu bescheren. Dass auch das wohlhabende Bürgertum von der Porträtkunst Gebrauch machte, zeigen allerhand Charakterköpfe, wie etwa der greise Mann mit Krähenfüßen und Römernase oder die Frau mit ausufernder Lockenpracht. Wer sich von Lichtgestalten wie Augustus mit Eichenkrone oder einem bärtigen Marc Aurel beeindrucken lässt, aber bei der einen oder anderen Figur ins Grübeln gerät, wie man sich so hat abbilden lassen können, dem sei ein Ausspruch von Sokrates an die Hand gegeben. Sein Porträt – hier mit satyrhaften Zügen dargestellt – war ein „Ausreißer“ in der Klassik, also drehte er das  griechische Schönheitsideal – wer schön ist, ist auch gut – einfach um und sagte: „Ich bin gut, also bin ich schön!“ af

CharakterköpfeCharakterköpfe - Griechen und Römer im Porträt
Bis 14. Januar 2018 in der
Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek, München
Katalog zur Ausstellung: Hirmer Verlag € 39,90
Hrsg. von Florian Knauß