Florian Süssmayr

No. 03/2012

Von Cornelia Gockel

Florian Süssmayrs Bilder sind düster und melancholisch. In Sepia- und Schwarztönen malt er Rockkonzerte, das Oktoberfest, Wirtshaustische oder einfach nur die kleine Kneipe von nebenan. Seine Bilder erscheinen wie Erinnerungsfragmente, flüchtig wie verblichene Fotografien, die zufällig auftauchen und die niemand mehr richtig zuordnen kann.

Florian Süssmayr, 15.8.2007, 2007 © Courtesy Galerie Rüdiger Schöttle und Florian Süssmayr

Florian Süssmayr, 15.8.2007, 2007 © Courtesy Galerie Rüdiger Schöttle und Florian Süssmayr

Wir treffen Florian Süssmayr in München im Optimal-Plattenladen, in dem zurzeit einige Arbeiten von ihm ausgestellt sind. Der Laden, der in den 1980er Jahren ein Hotspot der Punk- und New Wave-Szene war, feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Unter Kennern ist er weiterhin hochgelobt, kämpft aber mit seinem Sortiment aus Vinylplatten, CDs und Büchern ums Überleben in dem inzwischen schick gewordenen Gärtnerplatz-Viertel. „Früher war das meine Gegend. Das kann ich jetzt nicht mehr behaupten“, sagt Florian Süssmayr. Im Optimal-Plattenladen war er oft anzutreffen, nicht nur um etwas zu kaufen, sondern auch um einfach nur mit den Besitzern zu reden.

Bevor er mit dem Malen angefangen hat, war er Mitglied der Punk-Bewegung „Freizeit 81“ und der Punk-Band „Lorenz Lorenz“. Sein Geld verdiente er als Kameramann und Lichttechniker beim Film. Vielleicht erinnern deshalb viele seiner Bilder, die er mit der Fotokamera auf Stadtspaziergängen und Reisen aufnimmt und in Öl auf Leinwand und Hartfaserplatten überträgt, an schwach ausgeleuchtete Filmsets. Den Maler Florian Süssmayr hat man in München lange Zeit übersehen, obwohl er seit 1997 in seinem kleinen Atelier in Großhadern fleißig Bilder produziert. Vielleicht auch, weil er niemals eine Kunsthochschule besucht hat und so durch das Netzwerk von Künstlern, Kuratoren und Kritikern einfach durchgerutscht ist. Bis heute fühlt er sich deshalb in der Münchner Kunstszene manchmal fremd.

Er kratzt am aufpolierten Image

Florian Süssmayr, Selbstportrait Westendstraße, 2008. © Courtesy Galerie Rüdiger Schöttle und Florian Süssmayr

Florian Süssmayr, Selbstportrait Westendstraße, 2008.
© Courtesy Galerie Rüdiger Schöttle und
Florian Süssmayr

Als 2005 der große Durchbruch kam, war er schon über 40 Jahre alt und hatte genug Arbeiten beisammen, um damit gleich eine Einzelausstellung im Haus der Kunst und in der Galerie Rüdiger Schöttle zu bestücken. Susanne Gaensheimer, ehemalige Kuratorin am Lenbachhaus und heute Direktorin des MMK in Frankfurt, hat ihn in einem Off-Space, einem leeren Ladenlokal nahe des Münchner Hauptbahnhofs entdeckt, ihn zu ihrer Talentschau Favoriten. Junge Kunst in München in den Kunstbau eingeladen und dann gleich mit den wichtigen Leuten im Kunstbetrieb zusammengebracht. Bilder für deutsche Museen hat er die Ausstellung damals vollmundig genannt. „Das war schon so gemeint“, erzählt er rückblickend, „aber ich war mir nicht sicher, ob es auch so kommen wird“. Zu sehen waren in Öl gemalte Alltagsszenen in Wirtshausstuben, Frottagen von Holztischen und Schmierereien auf der Herrentoilette. Es ist eine Art Hassliebe, die Florian Süssmayr mit seiner Heimatstadt München verbindet. Er kratzt am aufpolierten Image, indem er trostlose Banalität neben heiterer Aufgeregtheit zeigt und so den Blick auf menschliche Abgründe frei gibt.

Im Optimal-Plattenladen stellt er seine neue Serie mit dem Titel Die 18 besten Songs von den Ramones aus. Dafür hat er einschlägige Songtitel der Band ins Deutsche über tragen und dann durchnummeriert auf die Leinwand gemalt. Aufgereiht nebeneinander erinnern sie mit Titeln wie Du hättest nicht hier reinkommen sollen und Ich will jetzt ein guter Mensch sein an eine ab surde Persiflage auf Gebotstafeln. The Ramones ist eine der Lieblingsbands von Florian Süssmayr. 1974 in Amerika gegründet, gilt sie heute mit ihren Songs als Prototyp der Punkbands. Zur Zeit arbeitet Florian Süssmayr an der Vorbereitung seiner neuen Einzelausstellung in der Galerie Rüdiger Schöttle, die am 8. November eröffnet. Anders als im Optimal-Plattenladen wird es hier nicht um seine Verbindungen zur Musik und Punk-Szene gehen. Vielmehr will er die klassischen Themen der Malerei wie Porträts und Landschaft in einer aufwändigen Rauminstallation inszenieren. Denn Süssmayr weiß: „Eine Ansammlung von guten Bildern ergibt allein noch keine gute Ausstellung.“