Es krabbelt und summt

Pierre Huyghe - Künstlerstar aus Frankreich

No. 02/2014

Nicht bei jeder Kunstausstellung arbeiten Museum, Zoo und Veterinärsamt Hand in Hand. Bei Pierre Huyghe ist dies jedoch ganz normal, denn seine aufsehenerregenden Kunstwerke beziehen auch lebende Tiere mit ein: Spinnen, Fische, Käfer, Bienen – und natürlich sein spanisches Windspiel, den Hund mit der rosa Pfote.

Die Einzelausstellung Pierre Huyghe, die zuvor in Paris im Centre Pompidou gastierte und dort die erfolgreichste Schau eines zeitgenössischen Künstlers in der Geschichte des Hauses war, ist nun im Museum Ludwig in Köln zu sehen. Zum ersten Mal werden die Werke des Franzosen im deutschsprachigen Raum in einer großen Retrospektive präsentiert und zeigen seine Arbeiten von 1993 bis heute. Mit seinen Installationen, Filmen, Fotografien, Zeichnungen und Musik verwandelt Pierre Huyghe das Museum in eine Aktionsfläche, eine Art Bühne, auf der die rund 60 Arbeiten den Besucher zu einer direkten Reaktion herausfordern. Dem Künstler geht es nicht darum, etwas Fertiges zu präsentieren, er setzt vielmehr Prozesse in Gang, die einen ungewissen Ausgang nehmen sollen und dürfen und so zu einem Ereignis werden. Daher arbeitet Huyghe unter anderem mit lebenden Tieren, deren Verhaltensweisen nicht planbar sind.

Eine Maske für den Krebs

Seine Arbeit Zoodram 4 zeigt einen Einsiedlerkrebs, der im Kopf einer schlafenden Frau wohnt, der Skulptur La Muse endormie von Constantin Brancusi. Die Umgebung des Tieres ist keine Nachbildung eines Ökosystems oder nur Dekoration, sondern eine eigene, von uns getrennte Welt mit vorgegebenen Bedingungen.  Ein weiteres Werk, das in Köln präsentiert wird, ist die 2012 für die documenta 13 geschaffene Arbeit Untilled, eine Zusammenstellung aus einer Skulptur eines Frauenaktes, deren Kopf von einem Bienenschwarm umgeben ist, und Human, dem Hund mit dem pinkfarbenen Vorderlauf. Die Arbeit wurde im Kompost der Karlsaue, einem ehemaligen Barockgarten in Kassel, arrangiert und sich selbst überlassen.

Pierre Huyghe versteht seine Kunst nicht als Abbild einer geordneten Wirklichkeit, in der es Regeln und Rollenverteilungen gibt, sondern stellt die nicht vorhersehbaren Prozesse in den Vordergrund. Damit schafft er faszinierende Kunstwerke, die mit Realität und Fiktion spielen. cv

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Pierre Huyghe
Bis 13. Juli 2014 Museum Ludwig, Köln 
Deutsch/ Englisch
Katalog zur Ausstellung Hirmer Verlag € 45,–