Der Blick durchs Fenster

Gerhard Richters Werk in 25 Bildern

No. 03/2017

Anlässlich des 85. Geburtstages des Maler-Genies Gerhard Richter veranstaltet das Kunstmuseum Bonn eine überschaubare und gerade deshalb gut erfahrbare Ausstellung mit nur rund 25 Exponaten.

Gerhard Richter, 5 Türen (I), 1967, Museum Ludwig, Köln, © Gerhard Richter, Repro: Rheinisches Bildarchiv

Die Auswahl dürfte kein Leichtes gewesen sein bei einem Künstler, dessen OEuvre weit über 3000 Werke umfasst. Die gemeinsam mit dem Stedelijk Museum entwickelte Bonner Schau nimmt die frühen „Vorhang-, Tür- und Fensterbilder“ zum Ausgangspunkt, um der ewig relevanten und wohl unlösbaren Frage nachzugehen, wo sich die Kunst Gerhard Richters im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit einordnen lässt. Denn selbst die frühen „Fotobilder“, die in den 60er und frühen 70er Jahren lange vor den ersten „Abstrakten Bildern“ entstanden, lassen sich nicht ohne Weiteres als gegenständlich bezeichnen. Zwar beziehen sie sich auf konkrete „Vor-Bilder“, aber letztendlich sind Fotografien nie die Wirklichkeit, sondern immer nur Abbild derselben. Gerhard Richter stellt den Wahrheitsgehalt bzw. Realitätsbezug von Malerei in dieser Schaffensphase sehr bewusst und grundsätzlich in Frage, das führt die Ausstellung klar vor Augen. Die  Scheinhaftigkeit von Kunst wird hier im Experimentierfeld der Malerei zum zentralen Thema. Vorhänge, Türen und Fenster – in der Kunstgeschichte dienen sie als bedeutungsschwere Vermittlungsmotive. Mittels optischer Täuschung versprechen sie im Wechselspiel von Verstecken und Sichtbarmachen, Verbergen und Zeigen einen tieferliegenden Erkenntnisgewinn. Bei Richter werden diese Motive plötzlich zum „Ding an sich“. Sie sind  eingebettet in selbstreferenzielle Bildräume ohne Perspektive. Der Vorhang bleibt geschlossen, wandelt sich zu einer hermetischen Oberfläche, die den Blick dahinter oder hindurch verwehrt. Es sind Bilder, die in ihrer formalen Strenge und farblichen Reduktion jede Bedeutung verweigern und auf die Beschränkung von Wirklichkeitserkenntnis verweisen. Denn letztendlich geht es, so lässt sich vermuten, immer nur um die Wirklichkeit der Malerei als Faktum Farbe auf Leinwand in ihrer sinnlichen Präsenz. ck

Gerhard RichterGerhard Richter. Über Malen – Frühe Bilder
Bis 1. Oktober Kunstmuseum Bonn
Ab 21. Oktober Stedelijk Museum, Gent
Ab 23. März 2018 Museum Wiesbaden
Katalog zur Ausstellung
Hrsg. von Christoph Schreier
Hirmer Verlag € 29,90