Bewegung und Stillstand

"Deutschlands spannendste Bildhauerin"

No. 04/2017

Stella Hamberg, Hund, 2013, © Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin, Foto: Mick Vincenz

Sie heißen großer Schatten, Trance, my dear fellow, Berserker, reset oder einfach Hund – die Skulpturen der Bildhauerin Stella Hamberg (* 1975) haben nicht nur assoziative Namen, sondern sprechen Einladungen aus, die man nicht ausschlagen kann.

Der Hund ist eine überlebensgroße Bronzeskulptur, die in ihrer ausgeprägten plastischen Struktur als eines der Schlüsselwerke im OEuvre Stella Hambergs gilt. Die Figur zeigt ein Tier in Bewegung, mit drei Köpfen, sechs Beinen und zwei Ruten. Mit ihren Ausmaßen von über zwei Metern ist sie – wie viele der Werke Hambergs – gewaltig und elegant zugleich. Je nachdem, von welcher Seite man sich der Skulptur nähert, erscheint der Hund als treuer Begleiter, als Monster oder urzeitlich anmutendes Wesen. Er lädt ein, ihn zu umrunden, ihn zu berühren, die wilde Struktur im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen. In seinem Blick liegt etwas Selbstvergessendes, das im ersten Moment Distanz zwischen sich und dem neugierigen Betrachter schafft. Was den Wunsch erhöht, die Geschichte, die Hambergs Hund erzählt, selbst zu entschlüsseln.
Diese Ausstrahlung hat nicht nur dieses jüngere Werk. Schon mit Hambergs Studienabschlussarbeit, einer skulpturalen Installation mit einer im Zentrum stehenden Figur eines Jungen aus dem Jahr 2004, rückt die Veränderbarkeit der Wahrnehmung des Ensembles in den Fokus. Eine an sich fixe Installation oder Skulptur beginnt zu leben, und je nachdem, von welcher Warte aus man sich dem Kunstwerk nähert, entsteht eine neue Intensität seiner Ausstrahlung. Ein Bildband über Hambergs Werke aus den Jahren 2004 bis 2017 – vom Ende ihres Studiums an der Hochschule für bildende Künste in Dresden bis zu einem Ausblick auf ihr aktuelles Schaffen – unterstreicht ihre Ausnahmestellung, die sie mit ihren sinnlichen wie intellektuell reflektierten Skulpturen als zeitgenössische, auch international gesammelte Bildhauerin einnimmt. Mit ganzseitigen und teilweise Detailaufnahmen der Werke aus unterschiedlichen Blickwinkeln im Kontext ihres Bestimmungsortes oder des Ateliers sowie einer Buchkonzeption, die von der Künstlerin und dem Fotografen Mick Vincenz stammt, ist die Publikation Stella Hamberg ein Augenschmaus für Kunstliebhaber. Die Skulpturen, die Intentionen und Inspirationen der Künstlerin werden von dem Autor Moritz Woelk in erhellenden Texten vorgestellt. Live sind die großartigen Arbeiten Hambergs noch bis zum 20. Dezember in der Ausstellung à travers la tête in der Berliner Galerie Eigen + Art zu bewundern. um

Cover für Stella HambergStella Hamberg
von Moritz Woelk
dt. u. engl. Ausgabe
Hirmer Verlag € 45,–