Von Mensch zu Mensch

Wie Bauen nach Katastrophen?

No. 02/2017

Von Cordula Gielen

Hurrikan auf Haiti, Erdbeben in der Türkei, Tsunami in Japan: Naturkatastrophen ereignen sich rund um den Globus und stellen Behörden und Überlebende vor maximale Herausforderungen. Eine Ausstellung in Tel Aviv zeigt, wie wichtig es ist, neben der Einfuhr von Hilfsgütern in die betroffenen Gebiete vor allem die Ressourcen vor Ort zu nutzen – denn diese bergen das größte Potenzial, die Krise zu bewältigen.

Wenn sich nach einem Unglück so existenzielle Fragen wie „Wo gibt es sauberes Trinkwasser?“, „Wie stellen wir eine Energieversorgung her?“ oder „Wo können wie Unterkünfte errichtet werden?“ stellen, werden schnell greifende Präventions- und Hilfsmaßnahmen für die Opfer überlebensnotwendig. Staatliche Programme, sogenannte „Top Down“, erweisen sich jedoch aufgrund zentraler Abstimmungsstrukturen „von oben“ und lückenhafter Ortskenntnisse oftmals als zu schwerfällig und ineffektiv.

Unter dem Titel 3.5 square meters: Constructive Responses to Natural Disasters wird im Tel Aviv Museum of Art ein Forschungsprojekt vorgestellt, das verschiedene Initiativen nicht-staatlicher Organisationen und Spezialisten beleuchtet. Diese zeigen beispielhaft, wie Einzelpersonen und Kommunen nach dem Bottom-up-Prinzip „von unten nach oben“ Extremsituationen bewältigen und ihnen präventiv entgegenwirken können. Vorgaben wie 3,5 qm Platz pro Person für Notunterkünfte reichen dabei nicht aus. Vielmehr geht es um Lösungen, die auf die spezifischen Bedürfnisse in den Krisengebieten eingehen und dafür Ressourcen vor Ort sowie modernste Technik integrieren. Zentrale Ansätze sind, Wissen in Form von geleiteten Workshops zu verbreiten (Sharing Knowledge) oder über moderne Kommunikationsmittel wie Smartphone, Internet und soziale Netzwerke (Social Technology) einen Austausch zu beschleunigen, der Bedürftige über Unterbringungsmöglichkeiten, Tutorials oder Gefahrenlagen informiert. Betroffene, die anderen ihre persönlichen Erfahrungen schildern (Story Telling) und dabei ihre eigenen Erlebnisse aufarbeiten, schaffen ein Bewusstsein für Zusammenhänge und Lösungsansätze. Das Übertragen einzelner Aufgaben an Leute vor Ort (Do it Yourself) stärkt die Autonomie und baut sukzessive eine Identifikation mit neuen Lebenswelten auf.


3.5 Square Meters 
Bis 9. September Tel Aviv Museum of Art 
Katalog: 3.5 Square Meters
Hg. Maya Vinitsky
Text: Englisch/ Hebräisch
Hirmer Verlag € 19,90