Fresko-Kunsträtsel

No. 03/2012

WER BIN ICH?

Meine Freundin Hannah und mich verband nicht nur das Schicksal, als Älteste von fünf Geschwistern im Haushalt stets kräftig mithelfen zu müssen, sondern auch der Wunsch nach einer Karriere als Künstlerin. Kunst! Unsere Väter waren erwartungsgemäß entsetzt. Mädchen hatten zu heiraten und nicht wie die Malweiber mit Staffelei und Farbpalette durch die Wälder zu streifen. Hannah und ich setzten uns dennoch durch. Sie besuchte in Berlin die Kunstgewerbeschule und wurde später eine berühmte Grafikerin und Collagekünstlerin. Ich ging, kaum 18 Jahre alt, nach München, wo ich privaten Zeichenunterricht bei einem angesehenen Architekten erhielt. Bald jedoch zog es mich ebenfalls nach Berlin, dort traf ich auf meinen Entdecker und Förderer. In dessen Galerie wurde ich durch die Ausstellung meiner Bilder erstmals als Künstlerin wahr genommen – und eroberte mit meinen Zeichnungen das Herz eines jungen Mannes. „Ich war überzeugt davon, nur eine Frau, die mit aller Innigkeit die Welt und die Dinge liebte, konnte so die Menschen, Tiere, Landschaften und Sterne wiedergeben“, schrieb mein späterer Mann über seine Gedanken, als er das erste Mal meine Werke sah. Ein Jahr später lernten wir uns persönlich kennen und merkten sehr schnell, dass wir füreinander bestimmt waren. Unser neues, gemeinsames Leben sollte in München in der Plinganserstraße beginnen. In einem meiner zahlreichen Briefe, die Georg in den kurzen Phasen der Trennung fast täglich von mir erhielt, schrieb ich ihm, ich habe in meinem Leben noch „schrecklich viel vor“ und es sei mein größter Wunsch, gesund zu bleiben, denn ich wolle „noch so viel Lebensfreude malen“. Doch es kam anders. Ein Jahr nach der Hochzeit, kurz nachdem unser Kind auf die Welt kam, starb ich im Alter von 26 Jahren im Kindbett. Es war der 14. August, ein für die Jahreszeit zu kühler Mittwoch, wenige Wochen vor Kriegsende. Unser Sohn wuchs bei meinen Eltern auf, mein Mann heiratete drei Jahre nach meinem Tod erneut. Zeit meines Lebens gab es für mich kaum ruhige Momente, selbst in meinem Atelier in der Münchner Vorstadt waren immer Kinder, Nachbarn, Freunde anzutreffen. Es war „ein Jauchzen und eine Freude, daß es einen nur so mitriß“. Nun ist es still um mich geworden, mein malerisches Werk ist weitgehend verschollen, und auf dem Waldfriedhof in München finden nur wenige Besucher zu meinem Grab –

Wer bin ich?

– Wer bin ich? –

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Auflösung des Kunsträtsels aus Fresko 02/2012: Joseph Effner (1687 –1745)