Alle im Goldrausch?

Wie Kunst und Alchemie am Geheimnis der Welt rätseln

No. 02/2014

Die Geheimwissenschaft Alchemie übt bis heute auf die Bildende Kunst eine ungeheure Faszination aus. Ihre enge Verbindung zieht sich durch alle Epochen und Gattungen. Zum ersten Mal in Deutschland geht eine Ausstellung anhand von 250 Werken aus internationalen Sammlungen diesem Phänomen auf den Grund.

Der Begriff Alchemie beschwört immer noch das Bild von rauchgeschwärzten Hexenküchen hervor, in der hermetisch von der Außenwelt abgeschottet Sonderlinge an der Herstellung von Gold und Silber experimentieren. Das Handwerk der Alchemisten, das von der Antike bis zur Hochphase in der Renaissance meist hohes Ansehen genoss, wurde seit der Aufklärung aus dem Kreis der Wissenschaft ausgeschlossen und mit Magie, Trickserei und Täuschung gleichgestellt. Doch schon früher erschien es den Menschen immer wieder obskur und anmaßend, den Aufbau der Materie durchschauen und ihre Verwandlung beherrschen zu wollen. Der Dichter Dante verbannte in seiner Göttlichen Komödie die Alchemisten gemeinsam mit den Falschmünzern und Fälschern kurzerhand in den achten Höllenkreis. In den letzten Jahrzehnten hat die Geschichtsforschung daran gearbeitet, dieses Bild zu korrigieren und die Verdienste der frühen Alchemisten um die Natur- und Geisteswissenschaften hervorzuheben. Die Suche nach Gold war nicht das alleinige Streben der Alchemisten – sie stellten Chemikalien her, verbesserten damit Medikamente, Farbstoffe, Färbemittel und Legierungen. Was die handwerkliche Tradition betrifft, so ist in der Färbekunst eine gemeinsame Wurzel von Kunst und Alchemie zu finden. Beide Künste verbindet jedoch viel mehr: Alchemisten wie Künstler sind neugierig, sie wollen die Geheimnisse der Natur lüften, die Natur nachahmen oder gar über- treffen. Sie sind bereit, Grenzen zu überschreiten und dafür Risiken auf sich zu nehmen – schließlich forderten Kunst und Alchemie – jeweils auf ihre Art – die weltlichen wie geistlichen Autoritäten heraus.

Unter dem Motto „Über den Morgen hinaus“ findet in Düsseldorf das Kunstfestival Quadriennale statt, das Ausstellungen präsentiert, die sich mit der Zukunft beschäftigen. Ein Glanzlicht ist die Schau Kunst und Alchemie – Das Geheimnis der Verwandlung im Museum Kunstpalast, welche die historische Bandbreite alchemistischer Ideen und deren Wechselwirkung auf die Kunst erläutert. Neben Werken von Joseph Beuys, Lucas Cranach, Max Ernst, Rebecca Horn, Anish Kapoor, Anselm Kiefer, Yves Klein, Sigmar Polke und Neo Rauch sind auch wissenschaftliche Leihgaben zu bewundern. Darunter ein weltweit noch nie ausgestelltes Manuskript des Physikers und Anhängers der Alchemie, Isaac Newton. Integriert in die Ausstellung sind außerdem eine Kunst- und Wunderkammer, eine Alchemistenküche und Farbwerkstatt, die auch junge Besucher dazu einladen, das Geheimnis der Verwandlung zu ergründen. um

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Kunst und Alchemie – Das Geheimnis der Verwandlung
Bis 10. August 2014 Museum Kunstpalast, Düsseldorf
Deutsch/ Englisch
Katalog Hirmer Verlag € 39,90

(Deutsche Ausgabe derzeit leider nicht im Onlineshop auf www.hirmerverlag.de erhältlich.)