Fresko-Kunsträtsel

No. 01/2015

WER BIN ICH?

Jahrzehntelang galt ich nur als „seine“ Frau, auch als „ihre“ Freundin, die von mir ein Porträt anfertigte, auf dem ich aussehe, als wolle ich gleich in Tränen ausbrechen. Unglücklich, geradezu verkniffen. Diesen Eindruck kann die Rose, die ich vor der Brust halte, auch nicht kaschieren. Meinen Mann porträtierte meine Freundin ebenfalls, sie beschrieb ihn in ihrem Tagebuch als „süß und bleich“. Vielleicht galt deshalb das Porträt lange als unvollendet, er wirkt darauf etwas blass, möchte ich behaupten. Weder zu Lebzeiten noch nach meinem Tod umgab mich – ebenfalls eine Künstlerin – diese mystische Aura, die Mann und Freundin zuteil wurde. Dabei fing alles so vielversprechend an:

Meine Eltern waren meinem musischen Talent gegenüber sehr verständnisvoll. Anders kann man es sich nicht erklären, dass sie meinem Plan zustimmten, als 17-jähriges Mädchen nach München zu ziehen, um dort an einer privaten Malschule Akt- und Landschaftsmalerei zu studieren. Nach drei Jahren kehrte ich der Stadt den Rücken, es war mir dort zu eng, zu reglementiert, und die Frauen wurden zu dieser Zeit nicht gleichberechtigt in der Kunstausbildung gefördert – ich war verärgert und enttäuscht. Zu meinem Glück landete ich im Norden unter Gleichgesinnten und wurde von einem damals bereits anerkannten Maler entdeckt. Nicht für die Malerei, mein Talent lag in einer anderen Gattung der bildenden Kunst, in der ich heute als eine Art Pionierin gelte. Meine Kunst konnte ich in Paris vertiefen und durfte damals als einzige deutsche Schülerin im Atelier von Auguste Rodin arbeiten.

Zurück aus Frankreich, lernte ich im Sommer meinen späteren Mann kennen. Zunächst optimistisch gestimmt, Ehe, Kind und Kunst unter einen Hut bringen zu können, musste ich schon bald einsehen, dass dieser Lebensplan zum Scheitern verurteilt war. Uns drückten finanzielle Sorgen. Das Töchterchen musste zu den Großeltern gegeben werden, mein Mann und ich zogen auf teils getrennten Wegen durch Europa, immer auf der Suche nach Auftraggebern und einer besseren Lebenssituation. Wir entfremdeten uns, und ich reichte schließlich die Scheidung ein. Meine Kunst habe ich nie aufgegeben, später wandte ich mich noch einmal der Malerei zu und hinterließ ein umfangreiches Gesamtwerk.

Wer bin ich?

 

-Wer bin ich?-

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Auflösung des Kunsträtsels aus Fresko 4/2014: Franz von Stuck (1863–1928)